Wiener Opernball: Küss die Hand
Heute ist Wiener Opernball, die berühmteste Tanznacht der Welt. Und mittendrin lacht seit zwei Jahrzehnten Richard „Mörtel“ Lugner.
Der Mann ist ein Unikum. Bauunternehmer (daher sein Spitzname „Mörtel“), Krawallschachtel, König der Selbstinszenierung, schamlos bis über die Schmerzgrenze hinaus. Richard Lugner, 80 Jahre alt inzwischen, versorgt Österreich ganz allein mit Schlagzeilen, für welche Deutschland deutlich mehr Personal benötigt: Er ist Dieter Bohlen, Reiner Calmund, Uschi Glas, Lothar Matthäus und Verona Pooth in einem.
Vom Privatsender ATV+ ließ er sein Privatleben in einer wöchentlichen Dokusoap mit dem Titel „Diese Lugners“ ausbreiten, die Trennung von der vierten Gattin („Mausi“) inklusive.
Bei seiner Kandidatur ums Amt des Bundespräsidenten erhielt er immerhin 9,9 Prozent der Stimmen, sein Slogan: „Lugner for President“.
Den Tod einer seiner Ehefrauen kommentierte Lugner in einem „SZ“-Interview so: „Als meine dritte Frau bei einer Nasenoperation verstarb, hat das meine Bekanntheit gesteigert ... Hauptsache, der Name Lugner ist im Gespräch.“
Im Wiener Burgtheater stand er mit einer kleinen Rolle auf der Bühne, auch wenn sein Auftritt „tapsig und hochnotpeinlich“ („Spiegel“) geriet, er lieferte mit Sätzen wie „Blödmann Peymann“ ein Skandälchen.
Doch seinen größten Coup landet er seit 1992 Jahr für Jahr ausgerechnet beim Wiener Opernball, diesem traditionsreichen Treff der internationalen Hautevolee, auf dem sich auch schon Prinz Charles, Königin Beatrix und König Juan Carlos sehen ließen. Richard Lugner mietet sich einfach jedes Mal eine der mehr als 150 Logen (möglichst weit vorne, selbstverständlich) – und eine möglichst prominente Person als Begleitung gleich mit. Frauen sind das zumeist, und die Namen lesen sich wie das Who is Who der Yellow Press: Von Filmdiven wie Claudia Cardinale und Sophia Loren bis Grace Jones, Pamela Anderson oder Paris Hilton. Taktisch geschickt paradierte der Baulöwe Lugner vor zwei Jahren mit Karima el Marough, die als Escortdame „Ruby“ zu weltweiter Berühmtheit gelangte, weil sie mit Silvio Berlusconi eine gerichtsnotorische Affäre hatte; mit 187 000 Euro soll der damalige Ministerpräsident sie entlohnt haben.
Auch Richard Lugner scheut fürs Aufsehen keine Kosten, gerüchteweise bezahlt er seinen Prominenten bis zu sechsstellige Summen, Privatjet und andere Annehmlichkeiten nicht eingerechnet. Was den Medien reichlich Nahrung bietet, ist der vornehmen Wiener Gesellschaft und den Veranstaltern ein Graus. Jüngst meldete vienna.at, der Stammgast werde samt Entourage in diesem Jahr in den zweiten Rang abgeschoben, weg vom Trubel und den Kameras. „Sauerei“, kommentierte „Mörtel“ die Degradierung „unter den Dachboden“.
In diesem Jahr, dem 57. Opernball, hat er sich mit Mira Sorvino angekündigt, die für eine Rolle in Woody Allens „Geliebte Aphrodite“ einen Oscar gewann. Auch Helmut Berger war im Gespräch, von den Organisatoren jedoch als Sicherheitsrisiko eingestuft worden. Die Aufregung war groß. So geht mittlerweile fast verloren, was Wiens Ball neben „Mörtel“ Lugner vor allem ist: Ein Abend, um für den Opernpensionsfonds Geld zu sammeln.
Die Sender 3sat (21.05 Uhr) und BR (21.45 Uhr) übertragen live
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