Berggruen-Council diskutiert "Zukunft der Museen": Kunstturnstunde
Wie sieht die Zukunft der Museen aus? Der International Council des Museums Berggruen sprach über diese Frage - unter anderem mit Jeff Koons.
An gewöhnlichen Tagen kommt man hier nur mit hellen Sportsohlen hinein. Vergangenen Samstag war das ein bisschen anders: Da lud der International Council des Museums Berggruen zu einer Diskussion über die „Zukunft der Museen“ in eine gepflegte Turnhalle – und kein Hallenwart störte sich an den High Heels oder eleganten Herrenschuhen, die sein Linoleum traktierten.
Was für ein Kontrast! Das Publikum saß in Sichtweite zum Museum Berggruen in Charlottenburg, dessen schadhafter Erweiterungsbau ein Ausweichquartier nötig machte. Am Ende aber schien der ungewohnte Ort gar nicht mal so verkehrt. Denn beim Podium, auf dem mit Jeff Koons einer der populärsten Künstler und mit Hans Ulrich Obrist der wohl umtriebigste Kurator der Gegenwart saßen, herrschte Einigkeit darüber, dass die Institution sich massiv verändern muss. Allein die Globalisierung fordere einen neuen, universalen Blick auf die Kulturgeschichte. Andere Faktoren seien digitale Medien in der Kunst, Macht und Einfluss privater Sammler oder die Sichtweise künftiger Generationen. Themen, über die sich in einer Sporthalle vielleicht freier nachdenken lässt.
Der Wandel der Museen
Von einer Perspektive gleich auf die nächsten hundert Jahre sprach denn auch Udo Kittelmann, Direktor der Berliner Nationalgalerie, der das Publikum begrüßte und schnell noch die provokante Frage in die Runde warf, ob Museen möglicherweise bald mehr Unbekanntes als Vertrautes zeigen werden. Doch Hans Ulrich Obrist wollte als Moderator erst einmal andere Themen klären. Er findet seltsam, dass Experten zwar unablässig über den Wandel der Museen sprechen. Dabei aber selten Künstler nach ihrer Meinung fragen. Obwohl die die Schöpfer jener Werke sind, die in den Häusern aufbewahrt und ausgestellt werden. Aus diesem Grund saßen nun neben Jeff Koons noch Katharina Fritsch und Taryn Simon. Der Schriftsteller Orhan Pamuk, der 2012 in Istanbul sein „Museum der Unschuld“ eröffnet hat und dort das kulturelle Gedächtnis der Türkei mit Alltagsdingen füttert, musste aus privaten Gründen kurzfristig absagen.
Es hätte also monothematisch werden können. Allein unter bildenden Künstlern, ohne den Literaten. Doch nein: Was die vier Diskutanten mit dem Begriff Museum verbinden, läuft in unterschiedliche Richtungen und verknüpft sich nicht zuletzt eng mit der jeweiligen künstlerischen Arbeit. So ist Taryn Simon, Jahrgang 1975, fasziniert von der Interaktion zwischen Werk und Betrachter. Wie unterschiedlich sie verläuft, macht die US-amerikanische Künstlerin per Laptop anschaulich und projiziert an eine Wand, was Google in verschiedenen Ländern zum selben Stichwort heraussucht.
Das Museum als kontemplativer Ort?
Wie sehr die gelernten Begriffe den Blick lenken, ist auch Thema ihrer Arbeiten. Sie sorgen bei aller Poetik dafür, dass man in Simons Ausstellungen die Welt draußen nicht vergisst. Das unterscheidet sie von Katharina Fritsch, die das Museum bis heute als kontemplativen Ort empfindet, an den „ich mich vor der Wirklichkeit flüchten kann“. Ende der neunziger Jahre, als sie den „Kunstzirkus“ unerträglich fand, entwarf sie für die Biennale von Venedig ein modellhaftes Museum: in einem Wald, schwer zu erreichen und so abweisend, dass man sich den Zugang erarbeiten musste. Jeff Koons empfindet das Museum als solches naturgemäß noch einmal anders. Man ahnt es auch mit Blick auf seine Skulpturen: Museen sollten seiner Ansicht nach durchlässig sein, das Populäre integrieren und dem Publikum mit spielerischer Leichtigkeit Zugang gewähren. Seine Vision ist ein Haus der unerwarteten Konstellationen.
Eine Idee aber manifestiert sich bei aller Differenzierung des Quartetts immer wieder: die von der universalen Sprache und eines kulturellen Archivs, das enzyklopädisch angelegt ist. Am Ende der Diskussion nimmt Olivier Berggruen, Mitglied des Förderkreises des Museums, diesen Faden auf. Er erinnert daran, dass die Museen von heute vielfach auf königlichen Sammlungen basierten und erst vor relativ kurzer Zeit in öffentliche Hände übergegangen sind, die Methoden nicht unverrückbar seien. Er hege keinen Zweifel daran, „dass wir in Zukunft anders auf die Kunst sehen werden“, resümiert Berggruen. Wir lebten in einer Welt der Spezialisierung. Um so wichtiger sei es, den Blick immer wieder auf das Ganze zu richten.
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