Klimaanlagen in Museen: Kunst im Schwitzkasten
Die Alte Nationalgalerie ist geschlossen, weil eine Kältemaschine ausfiel. Wie viel Klimaanlage braucht die Kunst eigentlich?
Hitze und Kunst, sie vertragen sich nicht. Das nächste schweißtreibende Wochenende steht bevor, die Alte Nationalgalerie auf der Museumsinsel bleibt geschlossen – eine Kältemaschine hat ihren Geist aufgegeben. Kunst braucht es kühl. Nicht dass bei Menzel, Caspar David Friedrich, Spitzweg und Renoir bei 38 Grad die Ölfarbe zerfließt, aber der Alterungsprozess beschleunigt sich irgendwann doch.
Kunst will es vor allem verlässlich. In der Nationalgalerie herrscht im Sommer eine konstante Raumtemperatur von 24 Grad Celsius, im Winter sind es 20. Als ideal gilt eine relative Luftfeuchtigkeit von plusminus 55 Prozent und eine Lichtbestrahlung von höchstens 50 Lux bei empfindlichen Aquarellen. Spot an, Fenster auf, frischer Wind gegen den Museumsmief, Fenster wieder zu – Katastrophe! Stoßlüften ist der Tod aller Alten und Jüngeren Meister, zu viel Helligkeit auch. Farbe bleicht aus, die Leinwand wellt sich, ein Leinwandfaden reißt, dann müssen die Restauratoren ran. In Dessau musste dieser Tage eine Paul-Klee-Ausstellung abgesagt werden, weil die Klimatechnik im historischen Bauhaus versagt. Von prähistorischen Malereien zu schweigen: Die Höhle im südfranzösischen Lascaux ist für Normalbesucher schon lange geschlossen, 100 Milliliter Wasser dünstet der Mensch stündlich aus, ein Killer für die Kunst unserer Vorfahren .
Falsch, sagt Stefan Simon, ganz falsch, warum so dramatisch? Der Mann muss es wissen, er leitet das für Klima- und Lichtfragen zuständige Forschungslabor der Staatlichen Museen zu Berlin. Erstens herrscht keine Gefahr im Verzug, die Schließung dient nur der Risikovermeidung. Zweitens ist ein Museum keine Höhle, sprich: Die Kunstwerke bekommen es dort täglich mit der schwankenden Außentemperatur zu tun. 100 Milliliter? Sind nichts im Vergleich zu der Feuchtigkeit, die durch bloßes Türöffnen ins Museum gelangt. Eine Klimaanlage gibt’s in der Alten Nationalgalerie übrigens erst seit 13 Jahren, jahrhundertelang kamen die Bilder ganz gut ohne aus.
Drittens: Nicht der Mensch gefährdet die Kunst (es sei denn, er ist eine Putzfrau und wischt Beuys’ Fettecke weg), die Kunst selbst ist ein Lebewesen. Sie braucht Pflege, aber auch die Nähe zum Besucher, der es nicht zu kalt und nicht zu düster haben will. Sonst blieben nur mausetote Artefakte, begraben in der Tiefkühltruhe oder in Acrylharz erstarrt. Das Himmelsblau bei Caspar David Friedrich hat sich verändert und verändert sich weiter, schöner Gedanke. Vor allem beim kühlenden Anblick seines „Eismeer“-Gemäldes. Das hängt in Hamburg, wo die Kältemaschine – noch – funktioniert.
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