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Bis Mai läuft im Teheraner Museum for Contemporary Arts (TMOCA) die Otto-Piene-Ausstellung "Rainbow".
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Kunst und Zensur im Iran: Kultur als Brücke zur Welt!

Eine Otto-Piene-Ausstellung in Teheran, ein Goldener Bär für Jafar Panahi, ein liberaler Kultusminister - aber schwierige Bedingungen für Bildende Künstler: ein Stimmungsbild aus der Kunst- und Kulturszene im Iran.

Das Museum für Zeitgenössische Künste in der iranischen Hauptstadt Teheran hat am Dienstag erstmals eine Einzelausstellung von Otto Piene eröffnet. In Zusammenarbeit mit der Düsseldorfer Galerie Breckner soll die Ausstellung „Rainbow“ mit etwa 90 Werken des Zero-Künstlers bis zum 25. Mai dort zu sehen sein. Die Schau könne "als Brücke dem kulturellen Austausch zwischen dem Iran und Deutschland dienen“, sagte Museumsleiter Madschid Mollanorusi in seiner Eröffnungsrede und nannte Piene einen der einflussreichsten Künstler Europas. Otto Piene starb im vergangenen Juli mit 86 Jahren in Berlin, einen Tag nachdem er in der Neuen Nationalgalerie eine große Ausstellung mit seinen Werken eröffnet hatte.

Blick in die Ausstellung, die der im Sommer in Berlin verstorbene Künstler noch selbst mit konzipiert hat.
Blick in die Ausstellung, die der im Sommer in Berlin verstorbene Künstler noch selbst mit konzipiert hat.
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Die Ausstellung im Iran, in einem der wichtigsten Kunstmuseen des Landes, hatte er noch mitkonzipiert.

Kultusminister Dschannati setzt auf Liberalisierung und Austausch

Irans Präsident Hassan Ruhani, der sein Amt im August 2013 angetreten hat, und sein Kultusminister
Ali Dschannati setzen seit einiger Zeit verstärkt auf Kultur und Kunst. „Die Kunst kann als diplomatisches Mittel und auch im Dialog zwischen den verschiedenen Völkern eine wichtige Rolle spielen“, sagte Dschannati. Deshalb sollten iranische Künstler im In- und Ausland aktiver werden, so der Minister, dessen liberale Ansichten besonders beim Klerus äußerst umstritten sind.  Immer noch gibt es die konservativen Kontrollgremien im Kultusministerium, die mit ihren strikten Vorschriften den Künstlern das Leben schwer machen.

Filmregisseur Jafar Panahi als Taxifahrer in "Taxi": Der trotz Berufsverbots gedrehte Film gewann am 14. Februar auf der Berlinale den Goldenen Bären.
Filmregisseur Jafar Panahi als Taxifahrer in "Taxi": Der trotz Berufsverbots gedrehte Film gewann am 14. Februar auf der Berlinale den Goldenen Bären.
© dpa

Die Willkür und Unberechenbarkeit gegenüber Kulturschaffenden bekommen nicht zuletzt auch Irans Filmschaffende immer zu spüren. So musste etwa Jafar Panahi, dessen trotz Berufsverbots gedrehter Film "Taxi" auf der Berlinale den Goldenen Bären gewann, bis heute seine Haftstrafe nicht antreten, obwohl er rechtskräftig zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt ist. Auch konnte er sich zur Verleihung in iranischen Medien äußern, gleichzeitig kritisierten dortige Zeitungen Panahi und die Jury-Entscheidung jedoch mit harschen Worten. Von einem "Anti-Iran"-Preis war dort die Rede.

Auch in der Kunst und der Literatur kann ein Wort oder ein Bild schnell als unislamisch und unmoralisch ausgelegt und dementsprechend das Werk verboten werden. Dschannati hat aber in den vergangenen 18 Monaten einige Lockerungen angeordnet.

Es gibt nicht einmal zehn aktive Galerien in Teheran

Auch die Ausstellungsmöglichkeiten für bildende Künstler sind ein Problem. „Es gibt im Iran zu wenige Galerien und viel zu lange Wartezeiten, besonders für junge Maler“, sagt der Grafiker Farid Hamedi. Seiner Schätzung nach gebe es im Iran 700 bis 800 Maler, aber weniger als 10 aktive Galerien in Teheran - in anderen Städten fast gar keine.  „Da herrschen fast mafiaartige Zustände, wir haben da nur wenig Chancen“, sagt eine junge Malerin, die nicht beim Namen genannt werden will.

Auch das mangelnde öffentliche Interesse an der Malerei macht den Künstlern das Leben schwer. Laut Kunstkritiker Mehran Norusi gehen im Iran nur wenige Besucher in Ausstellungen - kein Vergleich zum Westen. Ein Grund dafür, so meinen Experten, seien die wirtschaftlichen Probleme. Offenbar ist auch renommierte Museum für zeitgenössische Künste nicht sonderlich gut ausgestattet. Und auf dem Kunstmarkt zeigen nur wenige wohlhabende Iraner zeigen Interesse.

Dalí, Picasso, Monet: Die Moderne lagerte lange in feuchten Kellern

Vor der islamischen Revolution 1979 hatte sich besonders die ehemalige Kaiserin Farah Diba für Kunst eingesetzt, sie wollte das Land zu einer Kunstmetropole im Nahen Osten machen. Damals wurden unter anderem Werke von Dalí, Gauguin, Miró, Monet und Picasso gekauft, Mitte der 70er Jahre besuchte Andy Warhol Teheran. Nach der Revolution wurden die Bilder in feuchten Kellern gelagert, erst seit Ende der 90er Jahre bemüht man sich wieder um fachgerechte Aufbewahrung, im Nationalmuseum oder im Museum für  Zeitgenössische Künste.

Zu den berühmtesten zeitgenössischen Malern und Bildhauern im Iran gehören Mohammad Ehsaei, Parvis Tanawoli, Ajdin Aghdaschlu und der erst 40-jährige Afschin Pirhaschemi. Der Bildhauer Tanawoli konnte sein Werk „Persepolis“ bei Christie's in Dubai für rund 2,4 Millionen Euro verkaufen.  Die Werke von Ehsaei und Pirhaschemi wurden zu Preisen zwischen 500 000 Euro und einer Million Euro gehandelt. .

Eine Kultfigur ist der 74-jährige Aghdaschlu, der auch wegen seiner Poster für berühmte iranische Filme besonders beliebt ist. „Bei seinen Ausstellungen ist es wie bei Pop-Konzerten, da muss die Polizei wegen des großen Andrangs sogar die Straßen sperren“, erzählt der Grafiker Hamedi.  Nun soll das neue Interesse für Kunst aus dem Ausland auch international für Aufmerksamkeit sorgen und dabei helfen, eine Brücke zwischen Iran und der Welt zu schlagen, wie Museumsleiter Madschid Molanorusi betont. dpa/Tsp

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