Comicverfilmung: Kriegsgöttin wider Willen
68 Jahre nach ihrem ersten Auftritt kämpft Wonder Woman in einem neuen Animationsfilm gegen die Kriege der Männer.
In der Diskussion um den pädagogischen Wert von Comics zu Beginn der 40er Jahre wollte der Psychologe William Moulton Marston ein Zeichen setzen. Für ihn war klar: Schuld am Krieg sind nur die Männer. So schuf er mit Wonder Woman die erste weibliche Superheldin der Comicgeschichte, die so stark sein sollte wie Superman, dabei von außerordentlicher Schönheit und vor allem eins: eine selbstbewusste Frau. Nach ihrem Debüt in "All Star Comics" # 8 (Dezember 1941) erhielt Wonder Woman im Sommer des folgenden Jahres eine eigene Heftserie und kämpfte fortan gegen Nazis und andere Unholde.
Das emanzipatorische und kämpferische Potential von Wonder Woman wurde immer wieder betont. 1972 setzte die Feministin Gloria Steinem sie auf das Cover der ersten Ausgabe des Ms. Magazine unter der Überschrift "Wonder Woman for President" und forderte gleichzeitig Frieden und Gerechtigkeit angesichts des noch immer schwelenden Vietnamkriegs.
Es folgte Mitte der 70er Jahre die TV-Serie mit der Schauspielerin Lynda Carter in der Hauptrolle und 1976 produzierte die Medienkünstlerin Dara Birnbaum aus den Versatzstücken dieser Fernsehserie das Kunstvideo "Technology/Transformation: Wonder Woman", das noch heute durch seine explosive und repetitive Bildsprache fesselt.
Bilder wie im Computerspiel "God Of War"
Der jüngste Versuch, Wonder Woman aus der Welt des Comics in den Film zu überführen, stammt vom Regisseur Lauren Montgomery und dem Produzenten Bruce Timm, der sich für eine ganze Reihe von Animationsfilmen aus dem Verlag DC verantwortlich zeichnet. Nach "Superman Doomsday", "Justice League: The Final Frontier" und "Batman: Gotham Knight" ist "Wonder Woman" der vierte Teil eines groß angelegten Projekts, die bekanntesten Superhelden des DC Universums als Zeichentrickcharaktere direkt über den DVD-Verkauf zu vermarkten. Die glattpolierte Ästhetik und der lakonische Humor dieser Filme sind dabei wesentlich von der TV-Animationsserie Batman geprägt, die 1992 bis 1995 in 85 Folgen produziert worden ist.
Noch deutlicher als in den vorherigen Filmen setzt "Wonder Woman" auf eine actionreiche Handlung und markige Sprüche, die den mythologischen Hintergrund der Superheldin in ein modernes Kriegsszenario verwandelt. Stellenweise fühlt man sich an das Computerspiel "God Of War" erinnert, so zum Beispiel wenn die Amazone Hippolyta zu Beginn des Films gegen den Kriegsgott Ares kämpft oder wenn das Kapitol in Washington zum Schauplatz einer barbarischen Schlacht wird, in der die Sinnlosigkeit des Krieges zum Thema wird.
Mann und Frau vereint im Kampf für den Frieden
In diesem Sinne ist der Animationsfilm "Wonder Woman" wie seine Vorgänger als eine nicht gerade subtil inszenierte Auseinandersetzung mit der militärischen und politischen Vergangenheit Amerikas zu deuten, der die ehemalige Kritik William Moulton Marstons an der Männerwelt wieder aufleben lässt. In 71 Minuten spannt der Film den Bogen vom utopischen, friedlichen Dasein der Amazonen auf der mystischen Insel Themyscira bis hin zu Amerika als globales, technokratisches Zentrum im Kampf um Krieg und Frieden auf der Welt.
Im Anschluss an die abendländische Philosophie wird der Krieg als ein Naturzustand begriffen, der nur im gemeinsamen Verbund von Mann und Frau überwunden werden kann. Eine solche Sichtweise ist nicht neu. Dennoch überrascht die Direktheit, mit der dieses Thema animiert wird. Auch wenn dem Film die argumentative Kraft fehlt, tiefgründig die Ursachen des Krieges zu erörtern, so bleibt doch der Verweis auf dessen archaische Bildpsychologie. Diese ist geradezu symptomatisch für einen Weltzustand, in dem versucht wird, die apokalyptischen Dimensionen des Kriegs durch ein Übermaß an militärischer Macht zu kompensieren.
Die DVD "Wonder Woman" ist bei Warner erschienen und kostet im Handel um zehn Euro. Mehr über den Film hier.
Hinweis: Die Verlosung ist beendet, die Gewinner werden per Post benachrichtigt.
Jens Meinrenken
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