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FBI-Agentin Kate Macer (Emily Blunt) im Tunnel
© studiocanal

Film "Sicario": Krieg gegen das Kartell

„Sicario“ heißt auf deutsch "Auftragsmörder". Im neuen Film von Denis Villeneuve kämpft das FBI gegen die mexikanischen Drogenkartelle. Die Gewalt kann nicht gestoppt werden.

Die USA führen seit 40 Jahren einen Krieg gegen die Drogen, deshalb beginnt „Sicario“ mit einem Schlachtgemälde. Von einer Art Feldherrnhügel herab schweift der Blick über eine Wohnanlage in der flirrenden Wüste von Arizona. Ein Polizeifahrzeug rammt das Hauptgebäude, FBI-Leute stürmen die Räume, eine versteckte Bombe explodiert, abgerissene Körperteile fliegen durchs Bild. Das Haus ist eine Falle. Und ein Grab. In den Wänden stecken die Leichen ermordeter Geiseln – sie ähneln den Menschen, die beim Vulkanausbruch in Pompeji erstickten und mumifiziert wurden.

Gewalt ereignet sich manchmal mit der Kraft eines Naturereignisses. Man kann sie nicht aufhalten, nur beobachten. So lautet eine Botschaft des ehrgeizigen Films von Denis Villeneuve, der sich vom Thriller zum Gesellschaftspanorama weitet. Idealismus führt zu Desillusionierung. Die Idealistin ist die FBI-Agentin Kate (Emily Blunt). Sie schließt sich einer internationalen Taskforce an, um „die zu kriegen, die für das verantwortlich sind, was in dem Haus geschah“. Ihr Chef nennt sie „Kämpferin“, und sie glaubt tatsächlich noch, dass die Polizei den Kampf gegen die Drogenkartelle gewinnen kann.

Der Kampf gegen Drogenkartelle ist Selbstzweck der Gewalt

Für ihre neuen Kollegen dagegen, unter ihnen viele Afghanistan-Veteranen, ist der Kampf bloßer Selbstzweck, auch gern außerhalb der Legalität. Der Anführer Graver (Josh Brolin) ist ein zynischer texanischer Macho, der zu Besprechungen in Flip-Flops erscheint. An Kaltschnäuzigkeit wird er noch vom Einzelkämpfer Alejandro (Benicio Del Toro) übertroffen, der Kate über den Umgang mit den Kartellen belehrt: „Sie wollen wissen, wie ein Uhrwerk funktioniert? Fürs Erste sollten Sie auf die Zeit achten.“

Villeneuve arbeitet präzise, in die Abgründe der Polizeiarbeit schaut er wie ins Innere eines Uhrwerks. Der Auftrag führt die Spezialtruppe auf die andere Seite der mexikanischen Grenze, nach Juárez. Ein inhaftierter Boss soll in die USA gebracht und dort verhört werden.

Begleitet von metallisch dräuender Musik nähert sich die Kamera aus der Vogelperspektive der staubigen, von zusammengewürfelten Betonbauten überwucherten Stadt, schwebt über den SUVs der amerikanischen Söldner, die mit rasendem Tempo zum Gefängnis fahren, flankiert von mexikanischen Militärfahrzeugen mit aufgepflanzten Maschinengewehren. Schließlich – der Grenzposten auf dem Rückweg ist fast erreicht – wird geschossen, und die Kamera ist mittendrin im Getümmel. Eine atemberaubende Sequenz voller Kraft und Poesie.

Die Polizisten zeigen, was in ihnen steckt. Sie sind Killer – „Sicario“ heißt auf Deutsch: Auftragsmörder. Klar wird auch, warum der stets abseits agierende Alejandro zur Gruppe gehört. Er hat keinen Amtseid geschworen, beherrscht aber die Foltertechniken von Guantanamo. Darf man Verbrechen begehen, um Verbrecher zu jagen? „Sicario“ stellt moralische Fragen und zeigt das Dilemma der nihilistischen Fahnder, die nicht mehr auf den Erfolg ihrer Arbeit hoffen. Leider verliert der Film im Finale seine Kühle und Distanz, wenn er sich dem Drogenpaten nähert und in einen Tunnel hinabsteigt, in den Höllenschlund.

In 20 Berliner Kinos; OV im Cinestar SonyCenter und Karli, OmU im Babylon Kreuzberg, Hackesche Höfe, International, Kulturbrauerei und Odeon

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