Kulturgutschutzgesetz: Kompromisse und Dissens
Am Mittwoch ist die umstrittene Gesetzesnovelle zum Kulturgutschutz Thema im Bundeskulturausschuss. Beim Export von Gegenwartskunst zeichnet sich Einigung ab. Um die Details beim Verbot illegalen Antikenhandels gibt es noch Streit.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters setzt bei der Novelle des Kulturgutschutzgesetzes auf eine einvernehmliche Lösung zwischen Bundestag und Bundesrat und hofft auf eine Verabschiedung noch vor der Sommerpause. Das Gesetz, mit dem sich der Bundeskulturausschuss an diesem Mittwoch ausführlich befasst, war vor allem bei Händlern und Galeristen auf scharfe Kritik gestoßen. Zur Anhörung sind nun 14 Experten geladen, die im Ausschuss auch Fragen an Grütters stellen können National wertvolles Kulturgut solle bestmöglich vor der Abwanderung ins Ausland geschützt werden, sagte Monika Grütters. Sie legt nun Wert darauf, noch genauer zu definieren, was als national wertvoll eingestuft und folglich nicht exportiert werden darf. Es gehe nur um wirklich herausragende Einzelstücke. „Einen Kippenberger, einen Nolde oder einen Liebermann etwa müssen wir nicht zwangsläufig unter Schutz stellen, weil unsere Museen ja sehr viele Werke dieser Künstler haben.“ Auch soll im Gesetz die Möglichkeit zu einem sogenannten Negativ-Attest festgeschrieben werden: Sammler und Eigentümer könnten sich dann offiziell bestätigen lassen, dass ihre Werke nicht als kulturell besonders wertvoll eingestuft wurden und somit frei für den Handel auch ins Ausland verfügbar sind.
Monika Grütters: Unsachliche Debatte stiftete viel Verwirrung
Grütters ist an einer Befriedung der Situation gelegen. Sie bedauert es, dass „durch die in weiten Teilen unsachliche Debatte viel Verunsicherung entstanden ist“. Besonders wies sie den Vorwurf zurück, ihre Vorschläge bedeuteten einen großen bürokratischen Aufwand mit über 100 000 Ausfuhrgenehmigungen pro Jahr. „Das sind unseriöse Horrorzahlen. Wir rechnen mit einigen tausend Anträgen jährlich“, so Grütters. Der deutsche Kunsthandel vertreibe vor allem zeitgenössische Werke, für die das Gesetz ohnedies nicht gelte.
Ein staatliches Vorkaufsrecht für unter Schutz gestellte Kulturgüter wie in Großbritannien lehnt die CDU-Politikerin weiterhin ab. In Deutschland habe sich stattdessen die Kooperation der Länder-Kulturstiftung mit dem Bund bewährt. So sei es seit 1988 mit Hilfe des Bundes und privater Geldgeber gelungen, mit 160 Millionen Euro aus den Länderkassen Kunstwerke für 600 Millionen Euro anzukaufen.
Was den anderen Teil der Gesetzesnovelle betrifft, der sich auf Antikenhandel und den Import von Raubgrabungskunst bezieht, stellte Grütters’ Behörde klar, dass die künftigen Einfuhrregelungen nicht rückwirkend greifen. Vor 2007 illegal eingeführtes Kulturgut bleibe auch nach Inkrafttreten des Gesetzes illegal. Im Tagesspiegel-Interview hatte der Archäologe Michael Müller-Karpe die Sorge geäußert, Raubgrabungsfunde, die vor dem im Gesetz genannten Stichtag vom 26. April 2007 eingeführt wurden, würden de facto legalisiert. Ein Sprecher von Grütters betonte hingegen, was bislang illegal war, werde auch illegal bleiben. Müller-Karpe befürchtet, die Geschädigten hätten kaum Chancen, ihre Ansprüche vor Gericht durchzusetzen. Die Kulturbehörde verweist außerdem auf die neuen Sorgfaltspflichten. Aber auch diese, so Müller-Karpe, garantierten keinen wirklichen Schutz vor illegalem Handel.
Unterdessen begrüßte der Deutsche Kulturrat die sich anbahnenden Kompromisse bei der Gesetzesnovelle: "Das neue Kulturgutschutzgesetz befindet sich jetzt auf der Zielgraden", sagte Geschäftsführer Olaf Zimmermann. Der Kulturrat betonte erneut den gleichzeitigen materiellen und ideellen Wert von Kulturgütern und verlieh der Hoffnung auf ein baldiges zeitgemäßes Gesetz Ausdruck, bei dem "die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Bereiche des kulturellen Lebens wie Kultureinrichtungen, Handel und privates Engagement" untereinander abgewogen werden. Tsp/dpa
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