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Die iranische Künstlerin Bita Fayyazi bei ihrer Performance "Vaudville" 2015 in der Galerie Khak in Teheran.
© Barzin Baharlouie

Kunstszene Iran: Kommerz und Kampfgeist

In den Galerien Teherans blüht die zeitgenössische Kunstszene. Andernorts haben es Kreative noch schwer.

Im Zentrum der jüngsten Diskussionen um die abgesagte Berliner Ausstellung der Sammlung des Museums für zeitgenössische Kunst in Teheran (TMoCA) standen vor allem die Werke westlicher moderner Kunst, von Wassily Kandinsky bis Jackson Pollock. Unter der Schirmherrschaft von Kaiserin Farah Pahlavi förderte das 1977 eröffnete Museum bis zur iranischen Revolution 1979 jedoch auch die Etablierung einer modernen iranischen Kunst. Und nicht nur das. Auch in den späten 1990er Jahren, als mit der Präsidentschaft von Mohammad Khatami eine Reformperiode in der iranischen Politik einsetzte, wurde das Museum unter der Leitung des Architekten und Kunsthistorikers Alireza Sami Azar zu einer Plattform für junge, zeitgenössische Kunst in Iran.

Die Ausstellung „Conceptual Art“ von 2001 wird noch heute von vielen als ein Schlüsselereignis angesehen, das eine breite Sichtbarkeit für die in Iran damals neue, experimentelle Kunst herstellte. Sie bezog Neue Medien, Installation und Performance ein. Viele der heute etablierten zeitgenössischen Künstler haben damals an dieser Ausstellung teilgenommen – darunter Jinoos Taghizadeh, Neda Razavipour, Mahmoud Bakhshi, Shahab Fotouhi und Bita Fayyazi.

Heute hat das Museum keine große Bedeutung mehr für die lokale Kunstszene. Da der Direktor vom Kulturminister eingesetzt wird, wechselt die Ausrichtung des Museums mit jedem politischen Umschwung. Nach den Unruhen während der Präsidentschaftswahlen 2009, der sogenannten Grünen Revolution, haben Künstler und Galeristen mit dem Museum gebrochen.

Private Galerien dominieren das Kunstgeschehen

Seitdem dominiert die wachsende Szene privater Galerien das Kunstgeschehen. Die schon 1999 von Omid Tehrani gegründete Galerie Assar behauptet sich weiterhin in der zeitgenössischen Kunstszene. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Malerei, immer noch das beliebteste und im Verkauf ertragreichste Medium in Iran. Seit 2009 zeigt und verkauft die Galerie Aaran unter der Leitung von Nazila Noebashari sehr erfolgreich junge iranische Kunst – was es ihr erlaubt, auch experimentelle und konzeptionelle Ansätze auszustellen. Jüngere Galerien punkten durch gute räumliche Bedingungen und einen Blick fürs Besondere: So ist die 2014 gegründete Galerie O nicht zuletzt aufgrund ihrer White-Cube-Räumlichkeiten unter den Künstlern sehr beliebt und ermöglicht Ausstellungen mit institutionellem Charakter. Auch in der 2015 von Behzad Nejadghanbar eröffneten Galerie Emkan stellen Kreative der älteren wie jüngeren Generation gerne aus. Ihr Programm beinhaltet sowohl selten gezeigte Werke aus den 1960er und 70er Jahren – etwa von Farshid Maleki und Leyly Matine-Daftary –, als auch zeitgenössische Positionen wie die des aufstrebenden Fotografen Mohammad Ghazali oder der Neueinsteigerin Maryam Espandi.

Ein wachsender Kunstmarkt verlangt nach kaufkräftigen Sammlern, die in Teheran zum Teil über ihre Sammlertätigkeit hinaus aktiv die zeitgenössische Kunst fördern. So zum Beispiel der Sammler Fereydoun Ave – selbst ein bekannter Künstler –, der seit vielen Jahren junge Kollegen unterstützt, indem er ihre Werke kauft, Ausstellungen kuratiert und Künstlerbücher produziert. Aber auch der junge Sammler Hamid Reza Pejman, der 2015 die Pejman Foundation gründete, um Ausstellungen, Vorträge und Künstlergespräche zu organisieren. Sie sind bisher jedoch die Ausnahme.

Die renommierte Zeitschrift "Herfeh Honarmand" kämpft ums Überleben

Die Expansion der zeitgenössischen Kunstszene in Iran ist auch durch die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre zu erklären. Der iranische Publizist Sohrab Mahdavi spricht von einem neoliberalen Schub, der sogar während der von Sanktionen geprägten Regierungszeit Mahmoud Ahmadinedschads 2005 bis 2013 anhielt – angetrieben durch profitable Devisen- und Ölgeschäfte. Teheran verändert sich. Wie, das beschreibt und verarbeitet die Künstlerin Nazgol Ansarinia in ihren Werken: Die noch verbliebenen alten Viertel werden abgerissen, Shoppingmalls sprießen aus dem Boden, Bauungetüme mit undurchsichtigem Investitionshintergrund.

Auch der Künstler Mahmoud Bakhshi beklagt eine Art wirtschaftliche Verrohung, die sich seiner Meinung nach auch in einer vollständigen Kommerzialisierung der Kunst niederschlägt. In der Tat: Während neue Galerien im Hochglanz-Outfit eröffnen, kämpft die renommierte Kunstzeitschrift „Herfeh Honarmand“ ums Überleben. Auch viele privat organisierte Initiativen wie Kaf, die Raum für einen kritischen Diskurs um Kunst und Politik boten, mussten wegen mangelnder Finanzierung eingestellt werden.

Im Teheraner Kunstumfeld geht es heute nicht mehr um den Kampf für ein grundlegendes Verständnis zeitgenössischer Kunst; bei den urbanen Eliten ist sie längst angekommen. Nicht so in anderen Teilen Irans: In Isfahan, Schiras, Maschhad und Kermanschah müssen die wenigen Galerien und Künstlerinitiativen erst grundlegende Strukturen aufbauen und existieren unter schwierigen gesellschaftlichen und finanziellen Bedingungen. Was andererseits jedoch Solidarität und einen gemeinsamen Kampfgeist unter den Künstlern und Akteuren schafft, die man im Kunstzentrum Teheran heute vergeblich sucht.

Die Autorin ist Kunsthistorikerin mit einem Schwerpunkt auf zeitgenössischer Kunst in Iran. Im Mai erscheint ihr Buch „Stimmen aus Teheran: Interviews zur zeitgenössischen Kunst“ (Edition Faust).

Hannah Jacobi

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