Rezension: Mit dem Staubsauger zum Glück
Ein Musikfilm aus Dublin: „Once“ von John Carney ist einer der schönsten Liebesfilme der letzten Zeit. Weil er die Liebe nicht idealisiert, aber doch behutsam mit ihr umgeht.
In der Straßen von Dublin treffen ein irischer Staubsaugerreparateur und eine tschechische Rosenverkäuferin aufeinander. Er singt, sie hört zu, und weil beide eigentlich Musiker sind, schreiben sie bald Songs miteinander. Sie gehen ins Studio und spielen einige Stücke ein. Der Zaghafte will nun doch sein Glück in London versuchen.
Die schlichte Handlung von „Once“ klingt nach typischer Musical-Ware. Und doch ist hier alles anders. „Once“ wurde auf eigene Faust produziert, mit winzigem Budget, Digitalkamera und Darstellern ohne Erfahrung. Ein Liebesfilm ohne falsche Romantik sollte es werden, ein modernes und realistisches Musical, in dem sich die Gefühlswelten über Lieder vermitteln, die man sich gegenseitig vorsingt. Ein seltsames Vorhaben – zumal in einer Zeit, in der es schwierig geworden ist, einen aufrichtigen Film über Liebe zu machen, jenseits von Komödie, Sex und Psychose. John Carney ist dieses Kunststück gelungen: „Once“ ist einer der schönsten Liebesfilme seit langer Zeit.
Als ihm sein Hauptdarsteller absprang, machte Carney kurzerhand den Komponisten zum Hauptdarsteller. Die Notlösung entpuppt sich als Glücksfall: Glen Hansard war selbst Straßenmusiker in Dublin und ist mit seiner Filmpartnerin, der tschechischen Musikerin Markéta Irglová, eng befreundet: 2006 entstand das gemeinsame Album „The Swell Season“. Die Begegnungen der beiden im Film wirken so frei und unverstellt, dass man „Once“ für eine Dokumentation halten könnte.
Markéta Irglová ist ein Naturtalent: der Film gehört ganz ihr. Sie zeigt die tschechische Immigrantin als trotzige und lebensmutige Frau, die lernen musste, mit Armut zurechtzukommen – ein passendes Ergänzungsstück zu ihm, der sich in seinem Kummer ganz gut eingerichtet hat. Da haben sich zwei gefunden: Schon ihr zweites Treffen führt sie in einen kleinen Instrumentenladen, dessen Besitzer die Musikerin in den Mittagspausen an seine Klaviere lässt; jetzt improvisieren sie gemeinsam, und es entsteht die Ballade „Falling Slowly“ – eine bezaubernde, bemerkenswert intime Szene. Es gibt einige davon in diesem Film.
Die schönsten Momente bemerkt man erst, wenn sie verstrichen sind: „Once“ erzählt nicht wirklich eine Geschichte, er hat auch nichts über Beziehungen zu sagen, sondern zeigt einige Tage im Leben zweier Menschen, die diesen Moment erkennen, ihn leben und dann ihrer Wege gehen, ohne dass es auch nur zu einem Kuss gekommen wäre. Wie beiläufig gelingt John Carney etwas, das zum Kern eines Filmes wie diesem gehört und doch so schwer nur zu erreichen ist: den besonderen Augenblick in einer kurzen Dauer zu verdichten, in der sich die Zeit zugleich dehnt und rafft – ganz so, wie es sonst nur in der Musik möglich ist.
„Once“ ist ein kleines Juwel – ein beinahe realistischer Film, der die Liebe nicht idealisiert, aber doch behutsam und mit leisen Tönen von emphatischer Liebe spricht: davon, dass es vielleicht den einen Anderen gibt, dass man ihm mit ein wenig Glück (und einem kaputten Staubsauger) sogar begegnen kann und dass diese Begegnung für beide glücklich ist – auch wenn sie am Ende nicht mit einem Duett auf den Lippen in den Sonnenuntergang schlendern.
Cinestar Sony-Center (OV), FT am Friedrichshain (OmU), Kino in der Kulturbrauerei, Moviemento (OmU), Neue Kant Kinos, Passage
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