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Kino: Liebe auf der Autobahn

Hommage à Cortázar: „Lucie et maintenant“

Das Abenteuer wartet überall – und wenn man es auf der Autobahn zwischen Paris und Marseille sucht. Der argentinische Schriftsteller Julio Cortázar und seine Geliebte Carol Dunlop steuerten mit dem VW-Bus 1982 jeden Rastplatz auf der Strecke an und übernachteten auf jedem zweiten. Die Erlebnisse dieser 33-tägigen Expedition, die zur letzten Reise der todkranken Dunlop wurde, fanden ihren Niederschlag in dem gemeinsamen Buch „Die Autonauten auf der Kosmobahn“ (Suhrkamp) – dem Dokument einer absurd-pseudowissenschaftlichen Forschungsreise mit der Eroberungsgeste eines Marco Polo.

Simone Fürbringer, Nicolas Humbert und Werner Penzel haben nun ein junges Liebespaar für ihren Essayfilm „Lucie et maintentant“ noch einmal auf den Spuren von Cortázar und Dunlop reisen lassen. Das Gute ist, dass Océane Madeleine und Jocelyn Bonnerave, angeblich beide selbst Schriftsteller, von denen sich nur kein einziges Werk ausfindig machen lässt, gar nicht erst versuchen, den Ton des Buches zu adaptieren. Eine Schande aber ist, dass ihr Liebesschwur- und Selbstfindungspathos so sehr Cortázars quirligem Geist widerspricht, dass daran auch die nüchterne Poesie zerbricht, mit der die Filmemacher die Dinghaftigkeit der Raststättenwelt inszenieren: die weißen Plastikbecher, die aus dem Kaffeeautomaten fallen, den Gleichmut der Rolltreppen und die Überraschung, die ein am Autobahnrand grasender Esel darstellen kann. Gemessen an Cortázars Erzählungen und dem Roman „Rayuela“ waren schon „Die Autonauten“ ein Nebenwerk. Mit Schuberts Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“, Deleuze- und Flusserzitaten ist „Lucie et maintenant“ so überflüssig wie ein Kropf.

OmU im fsk am Oranienplatz

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