„Bella Martha“-Remake „Rezept zum Verlieben“: Hollywood kocht
Im „Bella Martha“-Remake „Rezept zum Verlieben“ übernimmt Catherine Zeta-Jones die Rolle von Martina Gedeck. Doch die Hollywood-Version erreicht nicht die ungeheure Dichte des Originals.
Eine der grundlegenden Entscheidungen, die man im Leben treffen muss, ist die zwischen Genuss und Kontrolle. Ersterer braucht ein gewisses Nachgeben, ein Sichfügen in das genussstiftende Element – eine Vorstellung, die dem kontrollbedürftigen Menschen nicht behagt. Und so gibt es die einen, die sich vom Lachen schütteln lassen, und die anderen, die den Mund geschlossen halten; es gibt diejenigen, die essen, und diejenigen, die nur das Kochen besorgen.
Kate (Catherine Zeta-Jones) in „Rezept zum Verlieben“, dem Remake von „Bella Martha“, ist eine von denen, deren Lippen fest aufeinandersitzen und die Genuss nur für andere zubereiten. Sie ist Köchin in einem der erstklassigen Restaurants Manhattans, und wenn sie nicht arbeitet, liegt sie beim Therapeuten auf der Couch und fantasiert sich ihre Küche herbei. Das Leben sei nun mal unberechenbar, sagt der Therapeut, und Martha presst die Lippen noch ein bisschen fester. Nicht in meiner Küche, sagt sie.
Doch das Leben dringt auch in Kates gusseiserne Festung aus Töpfen und Pfannen ein. Zunächst nimmt sie nach dem Tod der Schwester ihre kleine Nichte Zoe (Abigail Breslin) zu sich – die Erste, die Kates kunstvoll arrangierte Luxushäppchen verschmäht und sich damit ihrer Kontrolle entzieht. Und dann steht in der Restaurantküche plötzlich Nick (Aaron Eckhart), der neue Koch, der mit reglosen Hahnleibern in der Hand hingebungsvoll Pavarotti singt.
Leider verwendet Regisseur Scott Hicks nur konventionelle Bilder
„Rezept zum Verlieben“ erzählt von der Verführung einer lebensscheuen Frau, ihrer Hinwendung zur Welt, doch findet der Film unter der Regie von Scott Hicks dafür nur konventionelle Bilder: Erster Moment der Nähe zwischen Kate und Zoe ist eine Kissenschlacht, die Federn fliegen, die Münder stehen offen, Musik setzt ein, das Bild verlangsamt sich. Als Nick Kate das erste Mal berührt, tut er dies, indem er ihr ein Überbleibsel des gemeinsamen Essens aus dem Gesicht entfernt. „Du hast da was“, sagt er und schickt einen langen Hollywood-Schmonzettenblick hinterher.
Und schon wünscht man sich zum deutschen Original zurück: In Sandra Nettelbecks „Bella Martha“ werden keine Essensreste aus dem Gesicht liebkost. Hier wischt die Protagonistin Martha mit Sorgenmiene den Soßenspritzer vom Rand des Tellers, der vor ihrer Nichte steht – empfindliche Verletzung ihres ästhetischen Empfindens. Erst dann wünscht sie dem verstörten Mädchen, das nichts anzufangen weiß mit den aufgetischten Exotika, „Bon appetit“. Solchen fein gezeichneten neurotischen Ausformungen räumt Nettelbeck viel Raum ein, und Gedeck füllt ihn auf eine Weise, derer Zeta-Jones nicht mächtig ist. Wo die Amerikanerin – niedlich-plump, wie sie ist – ihre Strenge bereitwillig fallen lässt, sich das Lächeln wohlig auf ihrem Gesicht ausbreitet, so als gehöre es da auch hin, huschen bei Gedeck die Regungen im Stakkato übers Gesicht, als wollte keine dort heimisch werden. Als ihre Chefin die Fertigkeiten des neuen Kochs lobt, guckt Gedeck wie ein Lama, das gleich spucken wird, und wenn sie lacht, scheint das Lachen ihr nur zu unterlaufen – gewaltig, aber unerwünscht.
Sieht man Martina Gedeck nicht, so hört man sie; im Off-Kommentar betet sie Kochweisheiten her. Nach dem Tod der Schwester etwa erzählt sie von den Menschen, die einen Hummer immer noch töten, indem sie ihn in kochendes Wasser werfen. Der grausamste Tod von allen, sagt ihre Stimme und bricht fast; derweil nascht die Kamera am Stillleben der Großküche. Auf diese Erzählstrategie verzichtet „Rezept zum Verlieben“, zum eigenen Nachteil. Dass in „Bella Martha“ das Kochmotiv auch zur Handlungskommentierung eingesetzt wird, gibt ihm die überzeugende Dichte, die der amerikanischen Neuauflage fehlt.
In 21 Berliner Kinos, Originalversion im Cinestar Sony-Center
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