Greenberg: Ben Stiller als Nervensäge
Anders sein, daran leiden – und sich etwas darauf einbilden: Ben Stiller ist der Kauz "Greenberg".
Er ist exzentrisch, scharfzüngig, witzig. Er ist allein, 40 und frisch aus der Nervenheilanstalt entlassen: Roger Greenberg (Ben Stiller) ist das Gegenteil von liebenswert. Er ist kaum zu ertragen. Sein reicher Bruder Philip bittet ihn, auf dessen Haus aufzupassen. Roger nistet sich ein: Er trifft alte Freunde, schreibt Beschwerdebriefe an Starbucks und lässt sich von Florence, Philips persönlicher Assistentin, durch Hollywood Hills kutschieren. Die junge Frau findet Gefallen an ihm.
Greenberg ist die Variation einer tief im jüdischen Humor wurzelnden Figur: der stolze Außenseiter. Anders sein, daran leiden – und sich etwas darauf einbilden. Greenberg aber fehlt Woody Allens urbane Romantik oder die Tragik eines George Constanza („Seinfeld“). Regisseur Noah Baumbach macht Filme über Menschen, die nicht über den eigenen Schatten springen, sie sind eine Zumutung und voller unangenehmer Momente. Man kann das ehrlich nennen. Oder böse.
Eine Gratwanderung: einerseits die Denunziation des Protagonisten, andererseits soll man ihn mögen, wenn nicht als Person, so doch als Exemplar einer Gattung, der man sich zugehörig fühlt. Baumbach gelang diese Gratwanderung schon mehrfach, diesmal leider nicht. Denn Greenberg ist keine Person, sondern ein Konzept. Wir sehen keinen verzweifelt ringenden Menschen, sondern eine Karikatur, getrieben nur von der Idee ihres Erfinders. Es ist eine bescheidene Idee: „Das ist doch nur das Abwehrverhalten eines Verletzlichen“, sagt Florence. Ein guter Film analysiert nicht mit Worten, er zeigt es vielmehr.
Ben Stiller, dem auch in komischen Rollen immer etwas Unheimliches anhängt, ist gut, aber nicht gut genug. Er macht keinen Menschen aus dem Konzept. Sehenswert sind die Szenen zwischen Roger und seinem Freund Ivan (Rhys Ifans), der zu ihm hält, obwohl Roger ihm einst die Musikkarriere verdarb. Man kann sich „Greenberg“ als Buddy-Movie vorstellen, ein Genre, das Baumbach zu konventionell wäre. Die Beziehung zu Florence jedenfalls, tapfer gespielt von Greta Gerwig, gewinnt niemals Glaubwürdigkeit. Florence bleibt ein Requisit, eine dieser Katalysator-Frauen, die sich schlecht behandeln lassen, damit ein Mann zu sich selbst finden kann.
Hackesche Höfe, Kulturbrauerei, Moviemento, Kant, OV: Cinestar Sony-Center
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