"4 Millionen Türen" von Martin Heckmanns und Thomas Melle: Kein Problem!
Eine Arbeitslosen-Soap am Deutschen Theater Berlin
Jede Krise bringt ihre eigenen kulturellen Kollateralschäden hervor. Die Friedensdemonstranten der Achtzigerjahre mussten die unsäglichen Protest-Schlager der Bots über sich ergehen lassen, die Hausbesetzer-Bewegung kurbelte den Markt für Nietenarmbänder an, und die heutige Massenarbeitslosigkeit kommt nicht ohne Theaterstücke aus, die das Thema auf ihre Weise ausbeuten. In der Flut der Arbeitslosen-Komödien hat sich ein Untergenre herausdifferenziert, das sich seit einiger Zeit großer Beliebtheit erfreut: Das Casting-Kammerspiel, der Bewerbungsgespräch-Schwank. Ein nicht mehr ganz neues Produkt dieser Serie zeigt das Deutsche Theater jetzt auf der Hinterbühne der Kammerspiele. Großzügig hat man „4 Millionen Türen“ des Autoren-Duos Martin Heckmanns und Thomas Melle als Uraufführung annonciert, auch wenn das Stück (oder Vorstufen davon) bereits in Hamburg, Erlangen und am Berliner bat-Theater zu sehen waren.
Die Bühne (Birgit Stoessel): Ein von vier Türen begrenzter Boxring, in dem nach und nach vier Bewerber um eine freie Stelle aufeinander treffen, was Anlass für allerlei Schabernack bietet. Der Erste, ein Dicker mit Angstschweiß auf der Halbglatze (Martin Molitor), probt mit leichter Panik Händeschütteln und energisches Auftreten: „Pünktlichkeit – Ordnung – Güte – Klarheit – Selbstbewusstsein...“, rekapituliert er, und beweist damit, dass er ein veraltetes Bewerbertraining-Handbuch gelesen hat. Das kann dem zweiten (Christian Banzhaf) nicht passieren. Er blättert cool in einem Wirtschaftsmagazin und markiert den Auskenner: „Kein Problem.“ Es kommt, wie es kommen muss: Konkurrenzspiele, Misstrauen, Verbrüderung.
Als das ausgeschöpft ist, entert eine dritte Schachfigur den Ring, eine toughe Hübsche auf Stöckelschuhen (Tjadke Biallowons), später ergänzt dann ein szeniger Langweiler (Sven Philipp) das Quartett. Allerhand Managervokabeln flirren durch den Raum. Allerlei Macken und Ticks sollen die hoffnungslos ausgedachten, klischiert konstruierten Figuren charakterisieren. Weil Martin Heckmanns sich viel darauf zugute hält, mit dem Besteck von Linguistik, doppelten Böden und Spiel-im-Spiel zu hantieren, wird uns auch ein Auftritt wie aus der Schauspielschule nicht erspart, wenn sich der Coole als sein eigener Motovationstrainer zum Idioten macht: Ist ja alles nur Theater. Stück und Aufführung (Regie: Eike Hannemann) sind von einer schwer erträglichen Eitelkeit, die lediglich von der unbedarften Harmlosigkeit der ganzen Veranstaltung überboten wird.
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