Die Antwoord: Kehlkopfkiller aus Kapstadt
Die Antwoord, vor fünf Jahren gerne als „Netzphänomen“ kleingeredet, traten im C-Club auf. Es war laut, und es war manchmal eklig.
„U can’t touch this!“ Yolandi Visser gellt ins Mikrofon und deutet auf das Gesäß einer Tänzerin, wahrscheinlich Sub-Sahara-Meisterin im Twerking. Dann klatscht Visser mit der flachen Hand auf den menschlichen Wackelpudding, und ihr Partner Ninja eilt herbei, um eine Geruchsprobe zu nehmen.
Die Antwoord, vor fünf Jahren gerne als „Netzphänomen“ kleingeredet, vor vier Jahren noch Vorband von Linkin Park beim Oberurseler Hessentag, erhebt ihr schreckliches Haupt mit Gospelrap, Kirmesrave und Kleidung zwischen Berliner Stadtreinigung und „Zwanglos III“. Textsalven auf Afrikaans, per se bereits eine Sprache unter Teletubbie-Verdacht. Über allem thront DJ Hi-Tek, ein Typ wie aus einem Pierre-et-Gilles-Gemälde, und bringt mit seinem Subwoofer Kehlköpfe und Innenohren zum Absturz.
Es ist laut, und es ist manchmal eklig. Wofür H. P. Baxxter noch Pyrotechnik brauchte, erreicht Die Antwoord nur mit Sound: Greller wird’s nicht. „Insane in the Membrane“, dröhnt Ninja, „Jump around“, scheppert Yolandi, und nie war das Echo von Cypress Hill und House of Pain weiter weg als in „Pitbull Terrier“ und „Baby’s on Fire“. 2010 wurde Die Antwoord – getragen von der Fußball-WM-Aufmerksamkeitswelle – mit einer Überhöhung der Kapstädter Vorstadtästhetik erklärt. White Trash, wie er seit der Stunde null nach dem Ende der Apartheid entstand. Doch aus diesem Zusammenhang hat sich die Gruppe mit dem dritten Album gelöst. Nun kreist sie als strahlender Müllhaufen in der internationale Umlaufbahn einer Urban-Outfitters-Welt. „Overseas“, für Yolandi eine Shopping-Märchenwelt, ist ihre neue Heimat. Im März kommt „Chappie“ in die Kinos, ein Film des südafrikanischen Regisseurs Neill Blomkamp („District 9“). Die Besetzung: Hugh Jackman, Sigourney Weaver, Yolandi Visser und Ninja.
Das Geisterbahn-Musical dauert gut 70 Minuten. Der C-Club feiert den stagedivenden Iggy-Pop-Widergänger Ninja und die permanent joggende Yolandi – beide so dünn wie Haarnadeln. Am Ende geschieht Folgendes: Sixteen Jones, die kleine Tochter Ninjas und Yolandis, kommt kurz auf die Bühne. Ein Kind? Wirklich? Es ist leicht, das Unbehagen abzuschütteln.
Einen Tumult hatte es vor Beginn gegeben: Zu viele bahnten sich ihren Weg über leere „Kleiner-Feigling“-Flaschen in die Halle, die Einlasser hatten wohl nur die meisten Tickets gescannt. „Shit, this motherfucking beat is nice“, heißt es in „I Fink U Freeky“. Nächstes Mal aber bitte im Olympiastadion.
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