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Karajan
© dpa

Klassische Musik: Karajan: Wertvoll bleibt die Erinnerung

Heute vor 20 Jahren starb Herbert von Karajan. Anders als zu seinem 100. Geburtstag im vergangenen Jahr bleibt es an diesem Gedenktag ruhig um den Taktstock-Giganten.

„Wenn man etwas ganz fest will, dann gelingt das auch“, lautete das Credo Herbert von Karajans. Eine Sache, die der Maestro zu Lebzeiten unbedingt regeln wollte, war die Sicherung seines Nachruhms. Geradezu manisch arbeitete er im Aufnahmestudio, spielte hunderte Kompositionen ein, hinterließ aber auch Dutzende Videofilme für jene Menschen, die – O-Ton Karajan – „noch in 300 Jahren etwas über Karajan wissen wollen“. Wirklich groß war das Bedürfnis der Massen nach diesen optischen Hinterlassenschaften jedoch nie, die Konzertmitschnitte sind und waren Ladenhüter.

Im vergangenen Jahr, zum 100. Geburtstag des Taktstock-Giganten am 5. April, lief die von Karajan selber so virtuos beherrschte Vermarktungsmaschinerie noch einmal richtig heiß, die Plattenfirmen plünderten ihre Archive, TV-Produktionen suchten wahlweise nach dem „Mythos“ oder dem „Menschen“ Karajan. Und selbst seine letzte Gattin, Eliette, brach ihr Schweigen, diktierte einem Ghostwriter so manche Anekdote aus dem „Leben an seiner Seite“.

Nun, 15 Monate später, zum heutigen 20. Todestag, nichts dergleichen. Kein Sterbenswort, weder auf der Website der Berliner noch der Wiener Philharmoniker, nicht mal bei seinen Plattenfirmen. „Bewusst in Stille und Besinnlichkeit“ solle dieser 16. Juli begangen werden, ist unter www.karajan.org auf der offiziellen Gedächtnis-Homepage zu lesen: An diesem Sonntag werde im Dom zu Salzburg Karajans mit einem feierlichen Hochamt gedacht. Das muss reichen.

Während einer Besprechung mit Sony-Präsident Norio Ohga hatte Karajan in seinem Salzburger Privathaus den letzten Atemzug getan. Und so war es denn auch an dem Unterhaltungskonzern, in diesen Tagen, wenn auch nicht explizit, so doch zumindest indirekt noch einmal jenen Weltkünstler mit einer Verbeugung zu würdigen, mit dem die Japaner 1981 den Siegeszug der CD gestartet hatten.

Nachdem sich Sony in den letzten Jahren immer mehr aus dem Segment der klassischen Musik zurückgezogen hatte, kündigte Generaldirektor Rolf Schmidt-Holtz jetzt in Berlin an, sein Unternehmen wolle künftig in Sachen Klassik wieder ganz oben mitspielen. Darum hat sich Sony mit 49 Prozent bei Peter Schwenkow eingekauft, dessen „Deutsche Entertainment AG“ auf die Veranstaltung hochkarätiger Klassik-Star-Events spezialisiert ist. Die Rundum-Vermarktung der Spitzenkünstler aus einer Hand – vom Konzert bis zum CD-Vertrieb –, diese Idee hätte Karajan gefallen.

Denn letztlich ist er bei aller Aufnahmemanie immer ein Live-Künstler gewesen: Karajans Aura entfaltete sich vor allem im Konzertsaal, in der unmittelbaren Kommunikation mit den Musikern. Dass er sich in seinen 34 Berliner Chefjahren stets rar gemacht hat, selten mehr als sechs Programme in der Philharmonie dirigierte, ließ den einzelnen Auftritt nur noch wertvoller werden. Die Erinnerungen an diese Abende bleiben präsent, bei allen, die das Glück hatten, dabei zu sein.

Karajans klingendes Erbe dagegen wird immer mehr überwuchert von den Interpretationen seiner Nachfolger und Antipoden. Nikolaus Harnoncourt, dessen historische Aufführungspraxis Karajan einst so wütend bekämpfte, hat ihn inzwischen sogar überflügelt – was die Anzahl eingespielter Werke betrifft. 

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