zum Hauptinhalt
Prachtpuzzle. Vase aus der Zeit des Kaisers Yongle (1402-1424). Die Vase entsprach nicht den Vorstellungen des Kaisers und musste zerstört und begraben werden. In mühsamer Kleinarbeit konnte sie rekonstruiert werden.
© Sammlung Archäologisches Institut Jingdezhen

Ausstellung zu chinesischem Porzellan: Kaiserlicher Polterabend

Porzellan für die Verbotene Stadt: Eine Ausstellung in Delft lüftet das Geheimnis der Ming-Zeit. Nur noch bis 3. September.

Furchterregend blickt der rote kaiserliche Drache mit seinen fünftatzigen Klauen von der weißblauen Vase (1402–1424). Erst auf den zweiten genauen Blick ist dagegen zu sehen, dass diese Vase feine Nähte aufweist. Dass sie geklebt ist. Noch nie zuvor war solch kostbares chinesisches Porzellan in Europa ausgestellt – und das hatte durchaus Methode. Denn diese Vase und mehr als weitere 100 Objekte aus feinstem chinesischen Porzellan hätte niemals ein normaler Sterblicher, schon gar kein Europäer, zu sehen bekommen sollen. Die Kostbarkeiten waren ursprünglich allein für die Kaiser von China gedacht. „Verbotenes Porzellan. Exklusiv für den Kaiser“ heißt diese außergewöhnliche Ausstellung im Museum Prinsenhof in Delft, in der zum ersten Mal überhaupt außerhalb Europas Porzellan gezeigt wird, das vor über 500 Jahren ursprünglich einmal für den kaiserlichen Hof gedacht war.

Produziert wurde es in Jingdezhen, das noch ein Mekka der chinesischen Porzellanindustrie ist, sozusagen das Meißen Chinas. In ummauerten Manufakturen wurde für des Kaisers Verbotene Stadt in Beijing produziert. Die Manufakturen hatten nur ein Tor, das streng bewacht wurde – kein Objekt konnte herausgeschmuggelt werden und niemand Unbefugtes kam hinein.

Blick in den "Kaiserlichen Saal" der Ausstellung "Verbotenes Porzellan. Exklusiv für den Kaiser" im Museum Prinsenhof Delft. Zu sehen ist Porzellan aus der Zeit des Kaisers Xuande, der für seine Kalligrafien spezielle Wasserkännchen (vorne) brauchte.
Blick in den "Kaiserlichen Saal" der Ausstellung "Verbotenes Porzellan. Exklusiv für den Kaiser" im Museum Prinsenhof Delft. Zu sehen ist Porzellan aus der Zeit des Kaisers Xuande, der für seine Kalligrafien spezielle Wasserkännchen (vorne) brauchte.
© Anja Daleman

Was dem Kaiser nicht gefiel oder nicht gefallen würde oder was nicht perfekt gelungen oder nicht so schön wie anderes war, wurde zerstört und vergraben. Aber offensichtlich nicht mit aller Macht zerstört, denn sonst hätte man diese Ming-Vase und die anderen Objekte nicht so perfekt wieder zusammenkleben können.

Die Europäer versuchten, das begehrte Porzellan nachzuahmen

Entdeckt wurde das verbotene Porzellan bei Bauarbeiten in den achtziger Jahren in Jingdezhen. Die Ausstellung zeigt die Produktionstechniken und die Entwicklung der Porzellanherstellung in China, parallel zur Entwicklung der Keramikindustrie in den Niederlanden. Erst durch die Reisen der Vereinigten Ostindischen Companie (VOC) gelangte im 17. Jahrhundert chinesisches Porzellan in großen Mengen nach Europa und löste eine erste Chinamode aus.

Natürlich versuchten die Europäer, dieses begehrte Porzellan nachzuahmen. Das Ergebnis war das berühmte „Delfter Blau“, ohne das entscheidende Kaolin, daher auch kein Porzellan, aber eine inzwischen ebenfalls teure handbemalte Keramik, die wiederum Nachahmer fand. Aber das ist nochmal eine eigene, andere Geschichte.

Im großen „kaiserlichen Saal“ der Ausstellung sind die Prachtstücke – sozusagen zweite Wahl – zu sehen, sortiert nach den verschiedenen Ming-Kaisern, die die Produktion mit ihren Vorlieben maßgeblich beeinflussten. Der erste Ming-Kaiser Hongwu (1369–1398) war noch ein wenig isolationistisch gestimmt, er hatte die Brennöfen für Porzellan begründet, begrenzte aber den Handel mit dem Nahen Osten, was die Kobalteinfuhr stocken ließ. Kobalt brauchte man aber, um bei hohen Temperaturen zu brennen. Sein Nachfolger Yongle (1402–1424) war schon offener und ließ wieder mehr Handel zu, bevorzugte aber unbemaltes weißes Porzellan. Mit den Kaisern wechselten die Moden. Kaiser Xuande (1425–1435) war ein großer Freund der Künste, schätzte islamische Kunst und ließ sich von ihr in seinem Geschmack beeinflussen.

Höhepunkt der Verfeinerung lag im 15. Jhdt.

Er führte auch auch ein kaiserliches Porzellanzeichen ein, und es heißt, dass seine Handschrift für das Markenzeichen genutzt wurde. Der Höhepunkt der Verfeinerung der Porzellankunst wurde mit Kaiser Chenghua (1464–1487) erreicht. Dass es aus seiner Zeit auffallend viele Weingefäße gab, soll auch mit seinem Lebensstil zusammenhängen.

Dass diese Ausstellungsstücke in der noblen Präsentation praktisch von einem kaiserlichen Polterabend stammen, also alle bewusst zerstört oder einfach nur vergraben wurden, muss man sich beim Betrachten immer wieder vor Augen führen. Kaum nachvollziehbar, dass diese kostbaren Gefäße, die für religiöse Zeremonien oder Staatsfeste genutzt wurden, nicht gut genug waren.

Blick in den "Kaiserlichen Saal" der Ausstellung "Verbotenes Porzellan. Exklusiv für den Kaiser" im Museum Prinsenhof Delft. Hinter den Objekten aus der Zeit des Kaisers Yongle sind Arbeiten von Hans van Bentem, der als Artist in Residence in Jingdezhen arbeitete, ausgestellt.
Blick in den "Kaiserlichen Saal" der Ausstellung "Verbotenes Porzellan. Exklusiv für den Kaiser" im Museum Prinsenhof Delft. Hinter den Objekten aus der Zeit des Kaisers Yongle sind Arbeiten von Hans van Bentem, der als Artist in Residence in Jingdezhen arbeitete, ausgestellt.
© Anja Daleman

Da die Nachfrage nach Porzellan stieg und die kaiserlichen Manufakturen zu klein waren, wurde auch außerhalb der Mauern produziert. Das so hergestellte Porzellan war zwar nicht für den Markt gedacht, aber da die VOC das zum Verkauf bestimmte blau-weiße Porzellan mehr und mehr nach Europa verschiffte, produzierten die pfiffigen Chinesen jetzt für den Export. So wurden auch Auftragsarbeiten wie Wappenteller in China produziert. Der Boom beflügelte wiederum die Produktion von Delfter Blau, das in Europa ebenfalls populärer wurde.

So ist es auch kein Wunder, dass die Premiere des „verbotenen Porzellans“ in Jingdezhens Partnerstadt Delft stattfindet und jeweils drei Künstler aus beiden Städten nach einem Artist-in-Residence-Programm ihre aktuellen Positionen in Sachen Blau-Weiß ausstellen.

Verbotenes Porzellan. Exklusiv für den Kaiser. Museum Prinsenhof Delft, Sint Agathaplein 1. Eintritt 12 Euro. Bis 3. September

Rolf Brockschmidt

Zur Startseite