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Die Korrekturen. Sir Joshua Reynolds (1723–1792) hat an Rembrandts Gemälde „Susanna und die beiden Alten“ die Original-Farbschicht teils abgetragen und neu gemalt. Nur wenige Stellen fand er okay.
© Staatliche Museen zu Berlin/Bildbearbeitung Claudia Laurenze-Landsberg

Entdeckung und Ausstellung: Ist das noch Rembrandt?

Aktuelle Untersuchungen zeigen: Rembrandts Berliner „Susanna“ aus der Gemäldegalerie wurde im 18. Jahrhundert übermalt

Bestimmt werden jetzt einige behaupten, sie hätten es geahnt, hätten in der Gemäldegalerie vor Rembrandts „Susanna“ vielleicht immer schon so ein Gefühl gehabt. So schludrig wäre Rembrandt nie gewesen. Nicht bei einem Sujet wie der Susanna und nicht bei einem Bild, mit dem er sich und seine Werkstatt mehr als zehn Jahre lang auf Trab gehalten hat.

Die Entdeckung ist spektakulär: Aktuelle Untersuchungen von Rembrandts weltberühmtem Gemälde „Susanna und die beiden Alten“ von 1647 weisen nach, dass das Werk aus der Berliner Gemäldegalerie im 18. Jahrhundert vom damaligen Besitzer des Gemäldes, Sir Joshua Reynolds, weitreichend übermalt worden ist. Das war bis heute völlig unbekannt. Ist das Berliner „Susanna“-Gemälde also gar kein original Rembrandt?

Der ehemalige Besitzer der "Susanna" legte Hand an

Es bleibt ein Rembrandt, meinen die Experten. Es müsse nur künftig als nachträglich veränderter Rembrandt deklariert werden. Sir Joshua Reynolds (1723–1792), der ehemalige Besitzer des Werks, hatte offenkundig seine Korrekturen nicht an die große Glocke gehängt. Dabei war es nicht das erste Mal, dass er Farbschichten in fremden Gemälden abtrug, um die Maltechnik zu verstehen. Reynolds, selber ein anerkannter Künstler und vor allem leidenschaftlicher Rembrandt-Sammler, verehrte die Maltechniken der alten Meister und soll häufiger Hand an fremde Werke gelegt haben. Er beanspruchte dabei für sich, im Geiste der jeweiligen Künstler zu arbeiten und deren Werke zu verbessern.

Eine kleine, aber hervorragend bestückte Kabinettausstellung in der Gemäldegalerie zeigt anhand von Zeichnungen, Ölstudien und historischen Reproduktionen den langwierigen Entstehungsprozess von Rembrandts „Susanna“ und rekonstruiert detailliert die im 18. Jahrhundert erfolgte Überarbeitung durch Reynolds.

Rembrandt (1606–1669) selbst war sich alles andere als sicher, wie die alttestamentarische Geschichte der schönen Susanna, die beim Baden von zwei Alten bedrängt und später wegen Ehebruchs verurteilt wird, malerisch zu fassen sei. Wie ist der Gesichtsausdruck der Schönen und in welche Richtung geht ihr Blick? Wie übergriffig sind die Männer? In einigen Vorstudien und Zeichnungen aus der Werkstatt liegt eine grabschende Hand mal auf Susannas Brust, mal auf ihrer Schulter. Im fertigen Gemälde greift die Hand dann ans Gewand der jungen Frau. Auch taucht zeitweise ein Schwan auf, den es später nicht mehr gibt.

Rembrandt malte drei Varianten des Gemäldes

Dass Rembrandt in seiner Werkstatt drei verschiedene Versionen der Susanna-Szene angefertigt hat, war bereits dokumentiert. Durch weitere kunsttechnologische Untersuchungen wie Neutronenautoradiografien und Röntgen-, Infrarot- und Streiflichtaufnahmen konnten die Stadien der Bildveränderung nun detailliert veranschaulicht werden. Auch wurden etliche Susanna-Zeichnungen und Reproduktionen aus dem Berliner Kupferstichkabinett und anderen Sammlungen herangezogen, um Rückschlüsse auf Rembrandts komplizierte Werkgenese zu ziehen.

Besonders ein Reproduktionsstich von Richard Earlom (1743–1822) aus dem Jahr 1769 lieferte den Forschern wertvolle Hinweise auf die Bildversion von 1647. Die Burg im Hintergrund, die Pflanzen, Kleidung und Gesichter müssen in der Originalversion präziser ausgearbeitet gewesen sein. Manche Details, etwa die hässliche Zahnlücke eines der beiden Alten, existieren auf dem überarbeiteten Gemälde nicht mehr. Auch hat Reynolds den Tiefenausblick mit burgartiger Architektur und Himmel in der linken Bildhälfte weitgehend durch eine undifferenzierte braun-schwarze Landschaftsandeutung ersetzt. Der Sammler und Rembrandt-Verehrer hat teils originale Malschichten komplett entfernt und neu gemalt, andere hat er mit einer dünnen gelbbraunen Farbe übermalt und nur wenige Stellen, etwa den Körper der Susanna, überhaupt unangetastet gelassen.

Kunsthistoriker bezeichnen die Hinterlassenschaften Rembrandts schon seit Längerem als Wildwuchs und haben Mühe, die Stile, derer sich der Tausendsassa parallel bediente, eindeutig zuzuordnen. Im Rahmen des Rembrandt Research Projects wurde das Œuvre des niederländischen Meisters kürzlich durchkämmt und die Zahl echter Rembrandts ordentlich dezimiert. Die Berliner „Susanna“, seit 1883 im Besitz der Gemäldegalerie, ist und bleibt aber ein Rembrandt – mit gut gemeinten Korrekturen.

Gemäldegalerie, bis 31.5., Di/Mi/Fr 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr, Sa/So 11-18 Uhr

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