Artisti per Frescobaldi: In vino vanitas
Hier kommt Kunst von Keltern: Die Familie Frescobaldi, die seit 700 Jahren in der Toskana Weinbau betreibt, hat einen Preis für zeitgenössische Kunst ausgelobt. Vergeben wurde er in Berlin, an Michael Sailsdorfer.
Die Frescobaldi sind ein uraltes Adelsgeschlecht. In der Toskana bauen sie seit 700 Jahren Wein an. Und fast ebenso lange betätigen sie sich als Kunst-Mäzene. Schon ein gewisser Brunelleschi war der Familie zu Diensten. Urahn Dino gehörte zum Freundeskreis von Dante, und mit Girolamo Frescobaldi findet sich auch ein bedeutender Barockkomponist im Stammbaum.
2013 kam Tizana, im Clan verantwortlich fürs Marketing, auf die Idee, mit einem Kunst-Preis an die philanthropischen Traditionen anzuknüpfen. Jedes Jahr werden drei Künstler eingeladen, um sich auf dem Chianti-Weingut vor den Toren von Florenz vom genius loci inspirieren zu lassen. Und wo wird der Gewinner der 2014er Edition bekannt gegeben? Natürlich in Berlin.
Bis einen Meter vor die Eingangstür des Schinkel-Pavillons drängt sich die Baustelle der Staatsoper, in der Abenddämmerung singen die Presslufthämmer ihr Lied, Staub liegt in der Luft. Genau das lieben Menschen aus einer Kulturnation, deren Denkmale seit Jahrhunderten fertig sind, an unserer ewig im Werden begriffenen Stadt. Und wenn man auf der Terrasse des Pavillons steht, wenn sich die goldenen Kugeln auf den Zinnen der Friedrichwerderschen Kirche glänzend vom steingrauen Himmel abheben, der Dom dank „Berlin leuchtet“ tuschkastenbunt angestrahlt wird und vier Riesenkräne den Schlossrohbau bewachen, dann weht einen hier tatsächlich ein Hauch Zukunftseuphorie an.
Gewonnen bei den „Artisti per Frescobaldi“ hat diesmal übrigens Michael Sailsdorfer, mit einer Videoinstallation, die Italien-Klischees ausspielt: Sailsdorfer hat fünf Maler dabei gefilmt, wie sie Aktmodelle auf Papier bannen, so wie es in Florenz jährlich tausende Kunststudenten mit den Renaissanceskulpturen tun. Ihr Zeichenwerkzeug ist dabei allerdings eine Weinflasche, in deren Korken ein kleines Loch geschnitten wurde, so dass der rote Saft tropfenweise herausquillt, wie Blut. Arte alla Frescobaldi: Kunst kommt von Keltern.
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