"Opus" von Satoshi Kon: Im Labyrinth der Bilder
Traum? Wirklichkeit? Der japanische Künstler Satoshi Kon verwischt in "Opus" gekonnt die Grenze.
Wie erklärt ein Zeichner seinen Helden, wer er ist, wenn er buchstäblich in seine eigene Geschichte gesogen wird? In „Opus“, der zweibändigen Manga-Serie aus der Feder des renommierten japanischen Künstlers Satoshi Kon, ereilt den Manga-ka Chikara Nagai genau dieses Schicksal.
Schuld daran ist Rin, eine Figur seines Mangas „Resonance“, dessen Tod der Autor im Finale effektvoll in Szene setzen wollte. Der Protagonist hat jedoch andere Pläne, klaut kurzerhand die entscheidende Zeichnung und lässt Nagai von seiner eigenen bitteren Medizin kosten: Als dieser Rin verfolgt, gerät er mitten in den heftigen Kampf mit der von ihm erfundenen Sekte unter Führung der „Maske“.
Chikara Nagai, der kurz vor der Deadline steht, fragt sich nun, wo dieser irre Traum eigentlich angefangen hat und ob es überhaupt ein Traum ist. Auch seine Figuren beginnen, über die künstliche Welt nachzudenken. Sie debattieren inmitten von Zeichnungen, die sich verselbstständigen, zwischen Rissen in Fiktion und Realität sowie unfertigen Kulissen. Sie erörtern, ob ihr Schöpfer ein Schuft oder ein Gott ist und welche Rollen sie spielen sollen. Chikara Nagais Gedanken werden wiederum zu Zeichnungen, die ihrerseits lebendig werden.
Er spielte mit der Grenze von Realität und Fantasie
Als Satoshi Kon (1963–2010), der Autor des metafiktionalen Reigens „Opus“, an Bauchspeicheldrüsenkrebs verstarb, verlor die Anime-Welt einen der außergewöhnlichsten Kreativen der Gegenwart. In Filmen wie „Perfect Blue“, „Tokyo Godfathers“ und „Paprika“ spielte der Ausnahmeregisseur immer wieder mit den Grenzen zwischen Realität und Fantasie. Dass sich der Künstler vor seinem Wirken als Filmemacher auch als Manga-ka betätigte, war bislang nur wenigen bekannt.
„Opus“, dessen Abschlussband jetzt auf Deutsch bei Carlsen erschienen ist, entstand Mitte der 90er Jahre fast zeitgleich zu seinem ersten Anime „Perfect Blue“, der einen Hinweis darauf in Gestalt der „Maske“ enthält. Die Kenntnis der Filme ist durchaus empfehlenswert, da sich „Opus“ nicht als Einstieg in die philosophischen Visionen Kons eignet.
Obwohl die Serie nie abgeschlossen wurde, lohnt es sich, der Odyssee Chikara Nagais zu folgen, sei es wegen der virtuos erzählten Geschichte oder der Einblicke ins Leben eines Mangazeichners. Obendrein beinhaltet die nun erhältliche Fassung ein erst nach dem Tod des Autors entdecktes, skizzenhaftes Kapitel, das zwar die Story nicht abschließt, aber eine weitere Ebene hinzufügt – eine, in der Satoshi Kon persönlich auftritt.
Satoshi Kon: "Opus 1 & 2", beide Carlsen-Manga, 196/180 Seiten, je 14.90 Euro
Sabine Scholz
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