Streit über Kunst- und Sammlungsobjekte: Hoffnung auf faire Einigung mit Hohenzollern schwindet
Kulturstaatsministerin Grütters findet die Gespräche mit den Hohenzollern „wahnsinnig schwierig“. Der Konflikt droht nun vor Gericht zu landen.
Die Verhandlungen von Bund, Berlin und Brandenburg mit den Hohenzollern über mögliche Rückgaben und Entschädigungen an die Nachfahren der letzten Monarchie in Deutschland stecken fest. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) spricht von gekippter Stimmung. Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) kritisiert „groteske“ Begehren. Brandenburg sortiert seine Position. Die Hohenzollern hoffen auf eine „umfassende gütliche Einigung“.
Verhandelt wird seit 2014. Mit einer Einigung will der Bund „das Risiko eines Klageverfahrens mit einem für die öffentliche Hand nachteiligen Ausgang vermeiden“. Die Verhandlungen ruhen, nachdem Brandenburg einen Prozess um enteignete Immobilien wieder aufgenommen hat. Für den Bund sind außergerichtliche Gespräche obsolet, wenn das gerichtliche Verfahren fortgesetzt wird. Im aus Bundessicht schlimmsten Fall müssten tausende Objekte an die Hohenzollern herausgeben werden, dabei gehe es aber „letztlich um weniger als 0,1 Prozent des Sammlungsbestandes“.
Bei der seit 2015 laufenden gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Brandenburg und Hohenzollern geht es um Immobilien. Das Land hatte eine Entschädigung auf Basis des Einigungsvertrages abgelehnt. Dagegen klagen die Hohenzollern, es geht um 1,2 Millionen Euro. Laut Gesetz bekommt keinen Ausgleich, wer dem nationalsozialistischen System „erheblichen Vorschub geleistet hat“. Die historische Rolle der Hohenzollern mit Blick auf das NS-Regime wird in vier Gutachten sehr unterschiedlich bewertet.
Kulturstaatsministerin Grütters sieht verlorenes Vertrauen in den Gesprächen mit den Hohenzollern. „Nach Jahren der Verhandlungen muss man sich ehrlich eingestehen: Es ist wahnsinnig schwierig, und die Positionen liegen immer noch sehr weit auseinander“, sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin. „Deshalb schwinden die Hoffnungen, dass man überhaupt noch zu einer fairen und von allen getragenen Einigung kommen kann.“
Grütters sprach von einer „Fürsorgepflicht für unsere Museen“, zeigte sich aber wenig zuversichtlich: „Alles, was in den jüngsten Wochen und Monaten von den Hohenzollern dazu zu hören war, hat nicht zur Vertrauensbildung beigetragen und auch nicht dazu, die Bereitschaft einer breiten Öffentlichkeit für ein gütliches Miteinander zu erhöhen.“
Grütters: Stimmung im Streit mit Hohenzollern sei gekippt
Aus ihrer Sicht sei in der Öffentlichkeit „aufgrund manch ungeschickter und provozierender Verhaltensweisen und Forderungen der Hohenzollern inzwischen bei vielen die Erwartung groß, dass die Ansprüche vor Gericht geklärt werden“. Grütters nannte Beispiele: „Das Wohnrecht in einzelnen Häusern wie Schloss Cecilienhof zu beanspruchen, war anmaßend. Das hat in der öffentlichen Wahrnehmung, auch wenn zwischenzeitlich hier zurückgerudert wurde, die Stimmung kippen lassen.“
Aus Sicht von Kultursenator Lederer mutet es „schon grotesk an, dass es keinen öffentlichen Aufschrei gibt angesichts der Tatsache, dass dieses Adelshaus, das ja heute immer noch auftritt, als existiere die Monarchie noch, als ein solches überhaupt Herausgabeansprüche gegenüber der öffentlichen Hand geltend macht“, wie der Linke-Politiker der dpa sagte.
Lederer hält Ansprüche der Hohenzollern für "grotesk"
Anhand der Gutachten könne sich jeder ein Bild machen, ob die Hohenzollern „tatsächlich im Widerstand zu den Nazis standen, oder ein Adelsgeschlecht waren, das über eine ganze Epoche die deutsche Geschichte massiv beeinflusst hat“. Eine gerichtliche Klärung könne sich über Jahre hinziehen und die Kultureinrichtungen in Unklarheit versetzen. Darum seien die Verhandlungen nachvollziehbar. Das „zwischendurch mal angedeutete Verlangen, in ehemalige Herrschaftshäuser einziehen zu können“, nannte Lederer „schon grotesk“.
In Brandenburg prüfen Kulturministerin Manja Schüle und Finanzministerin Katrin Lange (beide SPD) nach der Wahl und Bildung einer neuen Regierung noch die Position des Landes und damit den Umgang mit dem laufenden Gerichtsprozess. Die Familie Hohenzollern strebt nach eigenen Worten eine gütliche Einigung an. „Diese würde Rechts- und Planungssicherheit für alle gewährleisten und die Grundlage für eine dauerhafte und fruchtbare Kooperation bieten“, heißt es auf einer eigens aktualisierten Internetseite.
Nach den Worten von Georg Friedrich Prinz von Preußen „handelt es sich bei den Besitztümern meines Hauses um reines Privatvermögen, das sich juristisch nicht von anderen familiären Privatvermögen unterscheidet“. Gleichzeitig betont das Familienoberhaupt, die Kunstsammlung werde „zum Wohle der Allgemeinheit umfangreich ausgestellt - sowohl auf der Burg Hohenzollern als auch in guter Kooperation mit der öffentlichen Hand“.
Hohenzollern wollen "gütliche Einigung"
Die Familie Hohenzollern hat aus ihrer Sicht „wiederholt öffentlich deutlich gemacht, dass es ihr im Rahmen einer umfassenden gütlichen Einigung nicht darum geht, solche Ansprüche umfänglich durchzusetzen“. Es solle verbindlich sichergestellt werden, wie mit den Objekten umgegangen werde und und wo sie verbleiben sollen.
Die Frage des Wohnrechts ist aus Sicht der Hohenzollern „keine „Erfindung“ der Familie“. Dazu habe es Überlegungen und Vorschläge etwa zu DDR-Zeiten sowie in den 90er Jahren von Brandenburg gegeben. Georg Friedrich Prinz von Preußen habe aber „wiederholt öffentlich festgestellt, dass eine umfassende gütliche Einigung an der Frage des Wohnrechts nicht scheitern werde“.
Die Hohenzollern sehen sich auch zu Unrecht im Verdacht, gegen unliebsame Medien oder Wissenschaftler vorzugehen. „Die Familie hat sich in keinem Fall gegen eine kritische Berichterstattung als solche gewandt“, man habe sich ausschließlich gegen Falschmeldungen zur Wehr gesetzt. Es gebe auch keinen juristischen „Feldzug gegen Historiker“, das Haus gehe „ausschließlich gegen eindeutig widerlegbare Falschaussagen vor“.
Zuletzt hatte der Leiter des Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, Martin Sabrow, das Vorgehen der Hohenzollern in einem offenen Brief als „Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit“ bezeichnet. dpa)