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Hermann Parzinger, 55, ist seit 2008 Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Sein Büro befindet sich in der neoklassizistischen Villa von der Heydt in Tiergarten.
© SPK/Bildschön

Noch ein Fall von Raubkunst?: Hermann Parzinger: Erst jetzt gab es Hinweise

Handelt es sich bei dem nun abgehängten Kokoschka-Gemälde im Büro des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz um Raubkunst? Vier Fragen an Hermann Parzinger.

Im Büro von Hermann Parzinger, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, hing bis vor wenigen Tagen Oskar Kokoschkas Gemälde "Pariser Platz in Berlin" von 1926. Neuerdings stellt sich die Frage, ob es sich womöglich um NS-Raubkunst handelt. Das Bild wurde nun abgehängt. Der Tagesspiegel fragte nach, warum es trotz jahrelanger Provenienzforschung der Staatlichen Museen vorher keinen Verdacht gab.

Herr Parzinger, seit wann hing das Kokoschka-Gemälde "Pariser Platz in Berlin" in Ihrem Büro?

Das Bild von Kokoschka hing bei meinem Amtsantritt bereits etliche Jahre im Büro des Stiftungspräsidenten; es wurde von meinem Vorgänger 1999 ausgesucht und dort aufgehängt.

Es heißt, Sie haben vor zwei Wochen von der Herkunft des Gemäldes erfahren. Was war Ihnen vorher nicht bekannt? Warum haben Sie dies vor zwei Wochen nicht selber öffentlich gemacht?

Im Zuge unserer seit einigen Jahren laufenden systematischen Provenienzrecherchen zu den Beständen unserer "Galerie des 20. Jahrhunderts" werden alle in diesem Zeitraum in den Besitz der Museen gekommenen Werke überprüft. Ein weiteres Projekt zur Rolle der Dresdner Bank, von denen die Staatlichen Museen das Werk gekauft hatten, ergab Hinweise, dass nicht zweifelsfrei feststeht, ob das Bild wirklich bereits vor 1933 an die Dresdner Bank gelangt war oder nicht doch später. Damit war klar, dass die genaue Provenienz des Werkes geklärt werden musste. Im übrigen sah ich keinen Grund, bereits zum jetzigen Zeitpunkt an die Öffentlichkeit zu gehen, weil die Recherchen noch gar nicht abgeschlossen sind. Dass wir unsere Bestände zur Moderne systematisch untersuchen, ist hinlänglich bekannt, wie von mir zuletzt auch auf der Jahrespressekonferenz der Stiftung im Februar 2014 ausgeführt.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz soll und will als Bundeseinrichtung vorbildlich sein bei der Provenienzforschung. Warum dann ausgerechnet in Ihrem Büro ein Bild, von dem bekannt ist, dass es einer jüdischen Kunstsammlerin gehörte, die 1939 ermordet wurde? Selbst wenn der Verkauf nicht "verfolgungsbedingt" geschah - ist das nicht "unsensibel"?

Da wir davon ausgingen, dass bei diesem Werk keine Verfolgungsbedingtheit vorlag, gab es keinen Grund, es nicht zu hängen. Nachdem jedoch die neueren Recherchen der Stiftung den Blick erneut auf den Kontext des Bildes richteten und eine Verfolgungsbedingtheit nicht auszuschließen ist, stellte sich der Fall anders dar, die Untersuchungen dazu wurden forciert und das Bild aus dem Büro des Präsidenten entfernt.

Welche Bilder hängen noch bei Ihnen im Büro?

Aus dem Bestand der Nationalgalerie wählte ich 2008 zwei Werke selber für mein Amtzimmer aus, deren Provenienz vor der Hängung untersucht wurde: "Frauenbildnis" von Erich Heckel aus dem Jahr 1906, das sich bis 1960 im Besitz der Familie des Künstlers befand und 1966 über eine Galerie von den Staatlichen Museen zu Berlin erworben wurde. Und "Carolastraße in Dresden" von Erich Heckel aus dem Jahr 1911; die Nationalgalerie hat das Werk 1923 erworben.

Fragen: Christiane Peitz

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