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Maestro von morgen. Der 36-jährige Ungar Henrik Nánási kommt nach Berlin.
© dpa

"Willkommen in der Mischpoke": Henrik Nánási wird neuer Musikchef der Komischen Oper

Ein Coup für den Intendanten: Die Komische Oper präsentiert überraschend einen neuen Generalmusikdirektor. Der 36jährige Ungar Henrik Nánási ist kein Promi - aber ein viel versprechendes Kind des Repertoiretheaters.

Barrie Kosky strahlt an diesem Morgen mit der Sonne um die Wette: Es ist dem designierten Intendanten der Komischen Oper tatsächlich gelungen, einen neuen Generalmusikdirektor zu finden und – im Schulterschluss mit der Senatskulturverwaltung – mit ihm einen Vertrag auszuhandeln, ohne dass die notorisch gut informierte Hauptstadtpresse diesmal davon Wind bekommen hätte. Zur allgemeinen Überraschung kann er nun also Henrik Nánási als Generalmusikdirektor des Hauses ab August 2012 präsentieren, einen attraktiven, gerade 36-jährigen Ungarn, der die tiefschwarzen Haare wie sein berühmter Landsmann Franz Liszt trägt, mittelgescheitelt, schulterlang – und den nun wirklich niemand auf dem Schirm hatte.

Damit ist das Team vollständig, das Andreas Homoki beerben wird, der nach zehn erfolgreichen Jahren an die Oper Zürich wechselt. „Die Komische Oper wird künftig eine Dépendance der k.u.k.-Monarchie!“, witzelt Kulturstaatssekretär André Schmitz. In der Tat kommt Verwaltungsdirektorin Susanne Moser aus Salzburg, Nánási aus Pécs und der in Australien geborene Kosky hat nicht nur lange in Wien gelebt, sondern kann auch auf eine bunte zentraleuropäisch-jüdische Ahnengalerie verweisen. „Willkommen in der Mischpoke“, ruft er seinem künftigen Kompagnon zu. Und macht dabei auch klar, was für eine Art von Humor ihm wichtig ist.

In Henrik Nánási hat er nicht nur einen Geistesbruder gefunden, sondern auch ein „child of the system“, wie er sagt, einen Künstler, der die klassische Laufbahn im deutschen Repertoiretheatersystem absolviert hat. Nach dem Studium in Budapest und Wien beginnt Nánási als Assistent in London, wird dann Probenpianist in Klagenfurt, wo er sich zum Kapellmeister hocharbeitet. In derselben Funktion wechselt er nach Augsburg, dirigiert sich querbeet durch die Musikgeschichte, wird schließlich 2007 zweiter Mann am Münchner Gärtnerplatztheater, debütiert parallel als Gast an vielen wichtigen Häusern.

Derart im Musiktheateralltag gestählt, fühlt sich Henrik Nánási jetzt reif für seinen ersten Chefposten. Das Orchester der Komischen Oper hat er mit einem „Fidelio“-Dirigat ganz ohne Vorbereitung sowie einer intensiven Probe ohne anschließendes Konzert für sich gewonnen. Dem Berliner Publikum wird er sich 2012 mit der „Zauberflöte“ präsentieren, inszeniert von Barrie Kosky. Mozarts Opern sind ihm sowieso sehr nahe, ebenso jene von Tschaikowsky und Richard Strauss. In den drei Spielzeiten, für die er sich zunächst verpflichtet hat, wird er jeweils 40 Abende leiten, darunter zwei Neuproduktionen leiten. Diese relativ geringe Zahl ist ein deutliches Indiz dafür, wie intensiv der Newcomer bereits von anderen Klassikinstitutionen umworben wird.

Neu im Team wird ab Herbst 2012 auch Kristiina Poska sein, die dann ihr Amt als Kapellmeisterin antritt. Die Estin, die in Tallinn sowie an der Eisler-Hochschule ausgebildet wurde, ist die zweite Dirigentin, die eine Festanstellung an einem Berliner Opernhaus antreten kann – die andere war Barenboims ehemalige Assistentin Simone Young, heute Chefin der Oper Hamburg. Zusammen mit Kosky wird Kristiina Poska bereits im kommenden Februar eine Neuproduktion von Kurt Weills „Sieben Todsünden“ herausbringen.

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