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Hinreißende Schwarzweißbilder. Linda Darnell und Victor Mature in John Fords Klassiker „My Darling Clementine“.
© 20th Century Fox Film Corp.

Zehn Filme für ein Halleluja: Heimkino in Coronazeiten - die besten Streamingtipps

Vom Klassiker bis zum Gegenwartshit: Mit diesen Filmperlen überstehen Sie die häusliche Quarantäne.

1. Lawrence von Arabien (1962)

Die Wüste, unendliche Weiten. Schöner aus dem Wohnzimmer hinweg fantasieren kann man sich nur noch ins Weltall. Übergroß ist David Leans knapp vierstündiges, im Super-Panavision-70-Breitwandformat gedrehtes Weltkriegs-1-Epos in vielerlei Hinsicht. Gewaltige Komparsenheere werden in epische Schlachten geschickt, für unpassierbar geltende Steppen durchquert, Stämme vereinigt, Durst- und Folterqualen erlitten. „Was reizt Sie persönlich an der Wüste?“, wird Peter O'Toole, der Guerrilla-Anführer mit den hellblau strahlenden Augen, gefragt. Seine Antwort: „Sie ist sauber.“ Ein Film, in den man sich verlieren kann. (iTunes, Amazon)

2. Inside Llewyn Davis (2013)

Scheitern ist im Kino oft deutlich interessanter als Siegen. Und niemand setzt Verlierern so liebevoll Denkmäler wie die Coen-Brüder. Einmal huscht die Silhouette von Bob Dylan durchs Bild, im Gaslight Cafe des New Yorker Greenich Village, wo dessen Weltkarriere begann. Doch Llewyn, ein Songwriter in der Folkszene der frühen Sixties, schafft es nur bis Chicago.

Ein Musiker, ein Traum und seine Katze. Oscar Isaac als scheiternder Folkmusiker.
Ein Musiker, ein Traum und seine Katze. Oscar Isaac als scheiternder Folkmusiker.
© Cannes Film Festival/dpa

Statt eines Gigs erhält er dort von einem Popmogul die Auskunft, dass er „nicht viel Geld“ in seiner Musik sehe. Oscar Isaac spielt den Untergeher als Sisyphos im speckigen Breitcordsacko, der neben seinem Gitarrenkoffer eine Katze mit sich tragen muss. Das herausragende Stück des tollen Soundtracks: die Abschiedsballade „Five Hundred Miles“, gesungen von Justin Timberlake und Carey Mulligan. (YouTube Prime, Google Play, Amazon)

3. The Shining (1980)

Wer in diesen Tagen noch den Mut hat, dem Grauen in die Augen zu sehen, sollte unbedingt in die irre funkelnden Haselnussaugen von Jack Nicholson schauen. „Here is Johnny!“, ruft er, als er seinen Psychopathenkopf durch den Spalt steckt, den er mit der Axt in die Badezimmertür geschlagen hat.

Stanley Kubricks Adaption von Stephen Kings Roman ist das herausragende Musterbeispiel eines Slow-Burn-Horrormovies. Erst die Kamerafahrten durch die endlosen Flure des eingeschneiten Overlook-Hotels in den Rocky Mountains. Flashbacks ins rauschhafte Jazz Age.

Blasse händchenhaltende Gespensterzwillinge. Dann der Gewaltausbruch. „Komm raus, komm raus, wo immer du bist“, säuselt Nicholson. Wir bleiben lieber drinnen. (Netflix, YouTube Prime, Google Play)

4. Memento (2000)

Sind Sie unkonzentriert? Vergesslich? Das mag am Coronastress liegen. Aber Sie können sich beruhigen: So schlimm wie Guy Pearce in Christopher Nolans meisterlich zerstückelten Film noir wird es Sie nicht erwischen. Das letzte Erinnerungsbild des Helden ist seine sterbende Frau, danach setzte sein Gedächtnis aus.

Der Anfang eines Gesprächs ist ihm an dessen Ende schon wieder entfallen. Er notiert Sätze, schießt Polaroids, trägt die Zeile „John G. vergewaltigte und ermordete meine Frau“ als spiegelverkehrtes Tattoo auf der Brust. Eine rasante Schnitzeljagd, erzählt in gegenläufigen Handlungssträngen: vorwärts und rückwärts. Pearce will beide finden: den Mörder und sich selbst. (Netflix, YouTube Prime, Google Play)

5. Happy Birthday, Türke! (1992)

Eine komische Figur ist der Privatdetektiv Kemal Kayankaya in Doris Dörries Verfilmung von Jakob Arjounis Kriminalroman schon deshalb, weil er einen türkischen Namen hat, aber kein Wort Türkisch spricht. Was ihm bei seinem Ermittlungen in der türkischen Community von Frankfurt am Main zugerufen wird, versteht er nicht. Und für die gerne hessisch babbelnden Deutschen bleibt er „der Türke“.

An seinem Geburtstag möchte er bloß in Ruhe eine Zigarette rauchen und sich alkoholisieren. Aber dann kommt immer was dazwischen. Ein Mord, eine Frau, eine Flasche, Faust- und Messerkämpfe. Kayankaya (Hansa Czypionka), ein Melancholiker mit Muskeln, hält durch. (YouTube Prime, Google Play)

6. Der Partyschreck (1968)

Hrundi V. Bakshiist der Schutzheilige aller Schusseligen. Der indische Komparse sprengt die millionenteuren Kulissen eines Historienschinkens in die Luft, weil er sich einen Schuh schnürt. Von der schwarzen Liste des Produzenten rutscht er auf die Gästeliste einer Hollywoodparty.

Peter Sellers treibt den Slapstick in Blake Edwards Anarchokomödie mit maximalem Minimalismus in die pure Destruktion. Er versenkt Aquarelle im Toilettenkasten, füttert den Hauspapagei mit „Birdy Num Num“, zerschleißt Mensch und Technik. Die Frage „Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind“, kontert er mit Hindu-Weisheit: „In Indien glauben wir nicht, wer wir sind, wir wissen es!“ Der lustigste Film der Welt. (Disney+, iTunes, Amazon)

7. Die nackte Kanone (1988)

Sein Name ist Debrin, Frank Debrin. Der Lieutenant der Polizei von Las Angeles, seelenverwandt mit Hrundi V. Bakshi, ist ein Katastrophenherd mit Dienstmarke. Das Inferno ist mit ihm, selbst wenn er einparkt, muss mit Schwerverletzten gerechnet werden.

Ein Mann für alle (Unf-)Fälle. Leslie Nielsen aka die nackte Kanone.
Ein Mann für alle (Unf-)Fälle. Leslie Nielsen aka die nackte Kanone.
© Buena Vista/dpa

Der Held der Copdesaster-Trilogie von Zucker, Abrahams, Zucker (ZAZ), gespielt vom göttlich unbewegten Leslie Nielsen, soll Elisabeth II. beim Staatsbesuch beschützen und landet ganzkörperkondomumhüllt im Bett mit Priscilla Presley. Pupswitze, Tortenattentate und eine Verfolgungsjagd mit Fahrlehrer folgen. „Ein Geniestreich, Tollfreffer, ääh, Felltroffer.“ Der zweieinhalbt lustigste Film der Welt (Amazon, Sky Store).

8. Bang Boom Bang (1999)

Ein Film, zu dessen wichtigsten Schauplätzen „Barko's Getränkemarkt“, der Ausleihladen „Franky's Video Power“ und die Tankstelle „Esso am Flughafen“ gehören, kann nicht schlecht sein. Peter Thorwarth zeigt in der Kleingangsterkomödie, dem Auftakt seiner Unna-Trilogie, wie die Menschen im Ruhrpott wirklich sind: hart, aber herrlich.

Ein Missgeschick bei der Übergabe eines Pornofilmchens löst einen kettensägenblutigen Rachefeldzug aus, beim Einbruch ins Büro des Kleinstadtoligarchen Kampmann landet ein abgetrennter Täterdaumen im Tresor. Mord, Totschlag und Vokuhilafrisuren. Die wichtigste Erkenntnis aber lautet: Setze nie dein Geld auf ein Rennpferd, das Horst heißt. (Netflix, Google Play, YouTube Prime)

9. My Darling Clementine (1946)

Es gibt kaum etwas Beruhigenderes, als Menschen auf Pferden dabei zuzuschauen, wie sie sich durch endlos weite, archaische Landschaften bewegen. Henry Fonda spielt in John Fords Klassiker Wyatt Earp, der mit seinen Brüdern Rinder durchs Monument Valley treibt. Als die Herde gestohlen, ein Bruder ermordet wird, lässt sich der Revolverheld den Sheriffstern anstecken. Zusammen mit dem Trinker Doc Holliday beginnt er im Wüsten-Babel Tombstone das Gesetz einzuführen. Das endet unweigerlich im legendären Shoutout am O.K. Corral. Jede Einstellung möchte man sich rahmen lassen, so hinreißend sind die Schwarzweißbilder. (YouTube)

10. Hamlet (1948)

In „My Darling Clementine“ hat der Tingeltangel-Schauspieler Granville Thorndyke einen großen Auftritt: Im Saloon von Tombstone deklamiert er mit rollendem Oxbridge-Akzent den Hamlet-Monolog. Sterben – schlafen – vielleicht auch träumen. In seiner mit vier Oscars dekorierten Verfilmung spricht Laurence Olivier die Verse sanft, fast flüsternd von den Burgzinnen hinab, unter sich das tosende Meer.

Die Kamera scheint hineinzufahren in den Kopf des zaudernden Prinzen. Großkino, das unter dem Verdacht der Elfenbeinturmkunst steht. Doch in den 150 Minuten dieses Dramas ist alles von unfassbarer, unprätentiöser Theaterschönheit. Romanisch-modernistische Burgkulissen, Nebel, aus denen Geister hervortreten, die durch die Säle tollenden Narren. Dünkelhaft soll Sir Laurence nicht gewesen sein. Er bestand darauf, Larry genannt zu werden. (YouTube, archive.org)

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