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Nachtschicht. Zavala (Michael Peña) und Taylor (Jake Gyllenhaal) sind ein perfekt eingespieltes Team.
© Tobis

Neu im Kino: "End of Watch": Hart, härter, South Central

David Ayers Thriller „End of Watch“ erzählt vom Alltag zweier Polizisten in Los Angeles.

Das berühmteste Video, das in South Central Los Angeles aufgenommen wurde, zeigt den Afroamerikaner Rodney King, der bei seiner Verhaftung nach einer Verfolgungsjagd von Polizisten bewusstlos geprügelt wurde. Als die von einem zufälligen Augenzeugen gemachten Aufnahmen 1992 von mehreren Fernsehsendern ausgestrahlt wurden, kam es zu bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen, bei denen 52 Menschen starben. Seither gilt der Innenstadtbezirk von Los Angeles als Synonym für einen Ort, an dem das Gesetz den Kampf gegen Gewalt und Verbrechen aufgegeben hat.

Auch der Spielfilm „End of Watch“ lebt von diesem horror loci. Die Rodney King Riots mögen zwanzig Jahre her sein, auch die Bandenkriege zwischen Streetgangs wie den Crips und den Bloods haben ihren Zenit längst überschritten, doch friedlicher geht es in dem Getto deshalb nicht zu. Im Gegenteil. Seit mexikanische Kartelle dort den Drogenhandel beherrschen, erreicht die Brutalität neue Dimensionen. Der Film begleitet zwei Polizisten, Officer Brian Taylor (Jake Gyllenhaal) und Officer Mike Zavala (Michael Peña), bei ihren Streifenfahrten durch South Central Los Angeles. Sie sind ein perfekt aufeinander eingespieltes Team, stolz darauf, im „härtesten Revier der Welt“ ihren Dienst zu tun.

Taylor hält seine Arbeit mit einer Digitalkamera fest, und diese rauen, wackeligen, mit Hip-Hop unterlegten Bilder verleihen „End of Watch“ eine beinahe dokumentarische Ästhetik. Der Film beginnt mit einer wüsten Verfolgungsjagd und einem Schusswechsel, an dessen Ende zwei schwarze Gangster tot auf der Straße liegen. Das Ende ihrer Schicht quittieren die Beamten im Protokoll mit einer Uhrzeit und der Floskel „End of Watch“. Am nächsten Morgen ermahnt sie ein Vorgesetzter: „Versuchen Sie mal, heute niemanden zu erschießen.“

Cop-Filme spielen gemeinhin in einer Welt, in der die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen und korrupte Polizisten selber zu Verbrechern werden. David Ayer hat mit seinen Thrillern „Training Day“ und „Street Kings“ diese Klischees bedient. Mit „End of Watch“ will der Regisseur und Drehbuchautor, der in South Central LA aufgewachsen ist, ein realistischeres Bild von der Polizeiarbeit zeichnen. Wenn er nun eine Hymne auf die Aufrichtigkeit seiner Helden anstimmt, verfällt er dabei allerdings von einem Extrem ins andere. „Hier bereiten sich die Kräfte des Guten für den Kampf gegen die Bösen vor“, sagt Taylor, als er seine Uniform anzieht. Gemeint ist das völlig unironisch.

„End of Watch“ zeigt lange Zeit einen Polizeialltag, der nicht nur aus Action besteht. Taylor und Zavala werden wegen nächtlicher Ruhestörung in die Wohnungen von Betrunkenen gerufen und befreien Kleinkinder, die von ihren cracksüchtigen Eltern mit Klebeband ruhig gestellt wurden. Vor allem aber sitzen sie immer wieder in ihrem Dienstwagen, wobei sie einander gerne mit rassistischen Witzeleien traktieren: dass der Latino Zavala einst als männliche Jungfrau in seine Ehe gegangen sei, während das „Weißbrot“ Taylor einfach keine Frau finde, die seinen Ansprüchen genüge.

Über Ängste sprechen die beiden Kumpel nicht, dabei ist die latente Bedrohung stets spürbar. Hinter jeder Tür, die sie eintreten, kann sich eine Pistole auf sie richten. Als Taylor und Zavala bei einem Drogenkurier einen Suppentopf voll Bargeld finden, kommen sie dem mexikanischen Gangsterboss Big Evil in die Quere, der vergoldete Schnellfeuerwaffen liebt. Das könnte ihr Todesurteil sein. Beim Versuch, dem Verhängnis zu entgehen, werden die Streifenpolizisten zu Supercops.

In zehn Berliner Kinos; Originalversion

im Cinestar SonyCenter

Christian Schröder

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