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Dirigent Hannu Lintu aus Finnland.
© Promo/Kaapo Kamu

Deutsches Symphonie-Orchester: Hannu Lintu dirigert in der Berliner Philharmonie

Der Finne Hannu Lintu dirigert das DSO in der Berliner Philharmonie. Auf dem Programm: Sibelius, Jörg Widmann und Karol Szymanowski.

Einen wirklich guten Dirigenten erkennt man daran, dass auch das Publikum seinen Willen akzeptiert. Hannu Lintu, Schüler des finnischen „Maestro der Maestros“ Jorma Panula, ist ein solcher Dirigent: Mit seiner natürlichen Autorität, die sich aus einer uneitlen, präzisen und ganz auf die Musiker konzentrierten Körpersprache herleitet, kann er auch die Zuhörer in der Philharmonie zu beachtlich langem schweigenden Innehalten zwischen Schlusston und Applaus bewegen. Wie jeder finnische Dirigent ist Lintu natürlich auch ein Spezialist für Jean Sibelius, aber mindestens ebenso schwer wiegt sein ausgesprochener Klangfarbensinn.

Eindrücklich macht sich das bereits in Sibelius' Tondichtung „Die Okeaniden“ bemerkbar, die den Abend mit dem Deutschen Symphonie Orchester Berlin eröffnet. Das Stück gilt als das impressionistischste unter den Werken des Komponisten. Lintu lässt sich davon aber nicht einem zu oberflächlich glitzernden Meeresbild verführen, sondern trägt die Farben mit kräftigen, dunklen, substanzreichen Strichen auf. Tonmalerische Details werden bei ihm zugleich zu Motiven mit symphonischen Potenzial, die sich zuletzt überraschend und doch organisch im äußersten Fortissimo zu einer Riesenwelle von schauriger Schönheit verdichten. Von gleicher Stringenz ist Sibelius 7. Symphonie, auch wenn es sich mit dem heiter „Hellenischen“, das der Komponist in dem Stück sah, wohl so verhält wie mit der Verwandtschaft des finnischen zum argentinischen Tango. Gegenüber Sibelius mochte die formale Logik der beiden Violinkonzerte des Abends weniger zwingend erscheinen. Doch was macht das, wenn ein Solisten von so intensiver und vielseitiger Ausdruckskraft wie Christian Tetzlaff auf dem Podium steht. Schon für die etwas lang ausgewalzte Einleitung von Jörg Widmanns „Insel der Sirenen“ entschädigen die genau ausgehorchten Raumklangeffekte, bei denen der Klang der Solovioline magisch in die entfernteste Saalecke projiziert wird. Atemberaubend ist es schließlich, wie Tetzlaff in Karol Szymanowskis erstem Violinkonzert bedingungslose Intensität in fast beständig höchster Lage durchhält, ohne den Schmelz des Tones zu verlieren oder je vom vielfarbigen Orchester zugedeckt zu werden. Nur die E-Saite hält die Anspannung irgendwann nicht mehr aus - doch beendet Tetzlaff seinen Teufelsritt mit der Geige des Konzertmeisters, die er dem Überraschten geistesgegenwärtig entreißt.

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