Haftbefehl gegen Böhmermann: Gruß aus dem Knast
Haftbefehl antwortet auf Jan Böhmermanns "Polizistensohn"-Video: Sein Song heißt "CopKKKilla" und handelt von Polizeigewalt. Haben die beiden sich vielleicht abgesprochen?
"Man sagt, Tränen sind das Blut der Seele / Und fünf von zehn Polizisten sind ..." Das letzte Wort ist nicht zu verstehen, aber es gehört kein Rap-Diplom dazu, hier „Hurensöhne“ zu ergänzen. Dann startet der Beat und Rapper Haftbefehl flüstert immer wieder das Wort „Copkiller“. Es geht um Polizeigewalt und Rachefantasien in seinem gerade veröffentlichten Video „CopKKKilla“.
Die Ordnungshüter, mit denen Aykut Anhan alias Haftbefehl in seiner Offenbacher Jugend mehrmals in Konflikt geraten ist, sind allerdings nicht die ersten Adressaten dieses Songs, sondern der Satiriker Jan Böhmermann.
Der hatte unter dem Namen „Pol1z1stens0hn“ letzte Woche das Video „Ich hab Polizei“ ins Netz gestellt. Ein Hit, der bisher knapp fünf Millionen Mal angeklickt wurde. Der als Moderator bekannt gewordene Böhmermann ahmt darin den Stil von Straßenrappern wie Haftbefehl nach und sprechsingt: „Nix Hurensohn, Polizistensohn mein Schatz! / Ich owne Polizei, denn ich zahl Höchststeuersatz.“
Eine vielsagende Zeile: Hier feiert ein weißer Mittelschichtsangehöriger seine Überlegenheitsgefühle gegenüber einer aus dem (post-)migrantischen Umfeld hervorgegangenen Kultur, die er nicht verstehen will und deren künstlerischen Rang er nicht anerkennt. Dass er sich dabei der Codes dieser Kultur bedient und sie ins Lachhafte zieht, ist ein problematischer Übergriff, für den er im Hip-Hop-Mutterland USA wahrscheinlich einen Shitstorm abbekommen hätte.
Das Timing von Haftbefehls Song erscheint fast zu perfekt
Aber Satire darf natürlich so einiges, und Haftbefehl hält das ohnehin locker aus, wie sein Antwort-Song zeigt. Angesichts der Schnelligkeit der Reaktion und des Videos, das in einem Gefängnisgebäude spielt (kriegt man da so einfach eine Drehgenehmigung?), könnte man fast meinen, Böhmermann und Haftbefehl hätten die Sache abgesprochen. Vielleicht ist es auch nur purer Zufall. Doch jetzt sieht es so aus, als spielten sie quasi eine klassische Rap-Fehde nach - ein Echo der späten neunziger und frühen nuller Jahre, als sich die Klasse der Stuttgarter Gymnasiasten-HipHopper mit den gangstermäßig auftretenden Berlinern im Clinch befand.
Zum Glück ist die Realität hinter diesem vorweihnachtlichen Entertainment-Battles weit weniger dramatisch als die oft tödliche Polizeigewalt in den USA, die kürzlich auch Quentin Tarantino angeprangert hat. Und die von amerikanischen Rappern mit Songs wie „Fuck The Police“ über „Cop Killer“ bis hin zu „Close Your Eyes (And Count To F**k)“ thematisiert wurde.
Bei uns ist das noch Ausnahme und nicht Alltag. Da schießt es sich leichter mit Worten.