zum Hauptinhalt
Pippa Lee
© Berlinale

AUSSER KONKURRENZ: Gezeiten des Aufruhrs

Schöne Frauen, die am Mittelschichts-Leben verzweifeln. Rebecca Miller hat ihren Roman „The Private Lives of Pippa Lee“ selbst verfilmt.

Es ist das Jahr der desparate housewives. Gerade ist Kate Winslet mit ihrer herzzerreißenden Darstellung der April Wheeler in „Revolutionary Road“ im Kino zu sehen, nun haut Rebecca Millers „The Private Lives of Pippa Lee“ in die gleiche Kerbe. Gehobene Mittelschicht, schöne Frauen, die an ihrem abgesichterten Alltagsleben mit Mann und Kind verzweifeln. Und das in mehreren Generationen.

Pippa (Robin Wright Penn) ist ganz die elegante Verlegersgattin, blond, gepflegt, und mit ihrem dreißig Jahre älteren Mann gerade in ein komfortables Seniorenressort – er nennt es „Wrinklebury“ – gezogen. Doch Pippas gepflegte Fassade hält nicht lange. Als sich nächtliche Schlafwandelattacken samt Kuchenschlacht in der Küche und Nachthemd Spazierfahrt zum Supermarkt mehren, beginnt Pippa über ihr Leben nachzudenken: Ihre heimlichen „private lives“, die in Rückblenden erschlossen werden, enthüllen vor allem einen Schuldkomplex.

Die unkonventionelle Mutter (großartig: Maria Bello), die in den Fünfzigern ihr Staubsauberregiment mit Pillen verschönt, die Kurzzeit-WG mit einer lesbischen Cousine, die in wilden Sado-Maso Spielchen endet (Julianne Moore in einem Kurzauftritt als Domina), schließlich ein Rausch- und Drogen-Leben in einer Factory-ähnlichen Künstlertruppe, aus der sie der Philip-Roth-artige Verleger (Alan Arkin) unter Aufopferung seiner ersten Ehefrau (Monica Bellucci) rettet mit den Worten „Du hast so viel kreatives Potenzial“ – das ist ziemlich viel wildes Privatleben für einen Film. Und so wie den Nachbarssohn in „Revolutionary Road“ gibt es auch hier den Frauenversteher Chris (Keanu Reeves), der Pippa endlich die Wahrheit sagt. Und ihr, als ihr das Leben immer dramatischer aus den Ruder läuft, einen Ausweg weist.

Rebecca Miller, Tochter von Arthur Miller, Ehefrau von Daniel Day-Lewis, Regisseurin von „The Ballad of Jack and Rose“, hat ihren eigenen, gerade auch auf Deutsch herausgekommenen Roman verfilmt – mit einem Starensemble und schönen, ausgeflippten Kurzmomenten. Doch die Mittelklasse-Verzweiflung, die am besten Winona Ryder als kajal-äugige Ehebrecherin verkörpert, ist letztlich doch ein Luxusproblem. April Wheelers Pein war revolutionärer.Christina Tilmann

10. 2., 12 und 23 Uhr (Friedrichstadtpalast), 17.30 Uhr (Urania)

Zur Startseite