Nicolas Mahler: „Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine“: Germanisten aus der Hölle
Telefongespräche, Arzttermine, Messebesuche – was für die meisten Menschen banaler Alltag ist, kippt bei Nicolas Mahler regelmäßig ins Groteske. Sein vierter autobiografischen Comic „Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine“ ist vielleicht die bislang witzigste Sammlung seiner Alltagsbeobachtungen.
Nicolas Mahler wird nicht selten ein „kafkaesker“ Humor nachgesagt: Das Komische seiner minimalistischen Figuren – sei es Flaschko, der Mann in der Heizdecke, oder Kratochvil, der einsame Büroangestellte – ergibt sich aus der puren Absurdität der Wirklichkeit. Nun hat Österreichs größter Comiczeichner (Mahler misst gut zwei Meter) den Terminus von sich aus aufgegriffen: „Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine“ heißt sein neuestes Werk.
Ein passender Titel – weniger wegen Kafka – denn es handelt sich definitiv um einen der witzigsten Mahler-Comics bislang. „Was soll diese Bildungsscheiße? Comics müssen lustig sein!!!“, beschwert sich im Buch ein Nerd über intellektuelle Comic-Literaturadaptionen. Mahler zeigt: Das eine muss das andere ausschließen – sein Comic ist verdammt lustig, trotz (oder gerade wegen) etlicher Verweise auf Thomas Bernhard, Robert Musil, Franz Kafka oder diverse französische Philosophen.
Comic-Nerd vs. Kunstbetrieb
Man merkt schon: Es gleichzeitig ist auch einer intertextuellsten Mahler-Comics bislang: Selten wurde die kunsttheoretische Verwirrung, ob Comics nun bildende Kunst oder Literatur seien, komischer und treffender auf den Punkt gebracht, als im Comic-Essay „Wenn die Hölle voll ist, kommen die Germanisten auf die Erde zurück“. „Ach so… ‚Lesen’ muss man es auch?“, wundert sich hier ein Vertreter des Kunstbetriebs über den Comic, den er in der Hand hält.
„Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine“ ist nach „Kunsttheorie versus Frau Goldgruber“, „Die Zumutungen der Moderne“ und „Pornographie und Selbstmord“ der mittlerweile vierte autobiografische Comic, in dem Mahler in kurzen Storys die haarsträubend absurden Beobachtungen und Erlebnisse seines Alltags als Comic-Zeichner verarbeitet: Arztbesuche, Träume von Thomas Bernhard, Telefongespräche mit Verlegern und immer wieder skurrile Dialoge mit Zeichnern und Besuchern von Comic-Messen.
Spaß an der Ignoranz
Wer Mahler zum ersten Mal liest, mag es vielleicht nicht verstehen, aber die Zeichnungen sind vielleicht das Komischste am ganzen Comic. Gerade die extreme Detailverweigerung – Gesichter gibt es nicht, Hintergründe sind nur sparsam angedeutet - eröffnet ungeahnte Spielräume für die eigene Vorstellungskraft und sind das perfekte Äquivalent zu Mahlers knochentrockenem Humor, bei dem stets ein typisch österreichischer Charme mitschwingt.
Ein Großteil des Witzes von „Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine“ geht darauf zurück, dass Mahlers Umfeld (inklusive Comic-Fans und Kollegen) Comics einfach nicht ernst nimmt beziehungsweise nicht versteht. Meist begnügt sich der Zeichner mit der Rolle des Beobachters, doch immer wieder versucht er – mal mehr, mal weniger ernsthaft – der neunten Kunst die ihr angemessene Geltung zu verschaffen. Es wäre schade, wenn dies gelänge – denn dann könnte Mahler nicht mehr so großartige Comics über diesen Missstand machen.
Nicolas Mahler: Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine, 126 Seiten, Reprodukt, 16 Euro, Leseprobe hier.
Erik Wenk
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