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Krieg der Sterne - Episode IV: Eine neue Hoffnung (USA 1977)
© IMAGO

Star Wars 1978: "Gar kein schlechter Film...

...wenn man sich nicht an seiner billigen Botschaft stört", urteilte unser Kritiker über den allerersten Star-Wars-Film 1978. Lesen Sie hier, was damals (nicht) gefiel.

Überraschend ist George Lucas vom 11. Platz der Weltrangliste auf Platz eins vorgestoßen. Sein Film "American Grafitti" steht auf der Liste der größten Kino-Erfolge aller Zeiten auf Platz elf, und mit dem "Krieg der Sterne" hat er Steven Spielbergs "Weißen Hai" erst einmal von der Spitze verdrängt. Spielbergs Gegen-Attacke ist schon eingeläutet: sein Ufo-Spektakel "Unheimliche Begegnung der dritten Art" schickt sich an, den frischgebackenen Weltrekordler vom Gipfel zu stoßen. Im Hoffnungslauf ist auch noch Francis Ford Coppola am Rennen beteiligt, der zur Zeit letzte Hand an sein gewaltiges Vietnam-Epos "Apocalypse Now" legt, einen Kriegsfilm, in dem sich voraussichtlich Gut und Böse nicht so klar unterscheiden lassen wie im "Krieg der Sterne".

Die Berichte über die neueste Entwicklung des Hollywood-Kinos sind derzeit für Börsenjobber interessanter zu lesen als für Cineasten. Die Höhe der Produktionskosten eines Films allein sichert schon weltweite Beachtung. Was auf der Leinwand selbst zu sehen ist, das Resultat der gigantischen Investitionen, wird erdrückt von riesigen Public-Relations-Kampagnen, und allein die Umstände, unter denen der "Krieg der Sterne" hierzulande mit großer Verzögerung in die Kinos gepusht wurde, beweisen die unerbittliche Strategie, mit der die großen Hollywood-Gesellschaften ihre Vormachtstellung auf dem Weltmarkt behaupten.

"Genießen wie einen Durchschnittswestern"

Dabei ist George Lucas" "Krieg der Sterne" gar kein schlechter Film. Wenn man sich nicht an seiner billigen Botschaft stört und ihn genießt wie einen Durchschnitts-Western aus früheren Jahrzehnten, macht er einen Riesenspaß. Stanley Kubricks Science-Fiction-Film "2001 - Odyssee im Weltraum" hatte vor knapp zehn Jahren das Genre intellektualisiert und Fragen von grundlegender Bedeutung aufgeworfen. Lucas schraubt sein Bewußtsein zurück in die Zeit, als er sich für Science-Fiction-Comics wie "Flash Gordon" oder "Bück Rogers" oder für Western und Piratenfilme begeisterte, die es ja heute leider nicht mehr gibt.

In "American Graffiti" lieferte Lucas einen leicht verklärten Rückblick in seine Pubertäts-Zeit, im "Krieg der Sterne" versöhnt er sich mit der Zeit zwischen Kindheit und Jugend, in der die Phantasie durch Comics und Kino noch reichlicher bedient wurde als heute. Im "Krieg der Sterne" läßt Lucas seine Phantasie üppig blühen. Das Weltraum-Spektakel, das wie ein Märchen beginnt ("Es war einmal vor langer Zeit in einer weit entfernten Galaxis ... "), ein Märchen bleibt und als Märchen endet, hat mehr mit Fiction als mit Science-Fiction, mehr mit der Naivität von Western, Ritter- und Piratenfilmen als mit einem gedanklich strengen Entwurf von Technologien der fernen Zukunft zu tun.

Das Milchstraßen-System, in dem die Geschichte spielt, wird geknechtet von einem teuflischen Imperium, das von schlimmen Finsterlingen von der Weltraumstation Todesstern aus dirigiert wird. Unter der Leitung von Grand Moff Tarkin (Peter Cushing) und seinem schwer atmenden Leutnant Lord Darth Vader (David Prowse) versuchen die Sturmtruppen des Imperiums Pläne zurückzuholen, die in den Besitz von Rebellen gelangt sind und Geheimnisse über die Zerstörbarkeit des Todessterns enthalten. Die Prinzessin Leia Organa (Carrie Fisher), eine Rebellen-Anführerin, wird gekidnappt. Sie hat die Pläne zuvor dem Computer des kleinen dicken Roboters Erzwo-Dezwo (R2-D2) anvertraut, der zusammen mit dem golden glänzenden und mit der menschlichen Sprache begabten Roboter Ce-Dreipeo (C-3PO) fliehen konnte.

"Eine spitfire-selige Landsermentalität"

Das Roboter-Duo, bei dessen Schöpfung Laurel und Hardy Pate standen und das trotz Gefiepe und Geblubber mehr menschliche Töne von sich gibt als alle veritablen Menschen des Films zusammen, kommt auf den Planeten Tatooine und mobilisiert den Farmersjungen Luke Skywalker (Mark Hamill), den früheren Jedi-Ritter Obi-Wan Kenobi (Alec Guinness), der noch die altmodische Kunst beherrscht, mit dem Laser-Schwert zu kämpfen, und Han Solo (Harrison Ford), der ein Raumschiff besitzt, für Geld Leute im All herumtransportiert und sich nur für die Erträge seines Jobs interessiert. Han Solos Copilot ist der Wookie Chewbacca, ein großes Affenmonster.

Die zusammengewürfelte Truppe befreit die Prinzessin aus dem Gefängnis des Todessterns und hat bei der Aktion große Gefahren zu überstehen, wobei sie (bis auf Obi-Wan Kenobi) eine gewisse Unverwundbarkeit offenbart, die wohl guten Menschen allgemein eigen ist. Mit Überlichtgeschwindigkeit fliehen die Rebellen vom Todesstern und bereiten die letzte Schlacht vor. In Luftkämpfen, zu denen Filme aus dem zweiten Weltkrieg die Vorlage lieferten und die eine "Spitfire"-selige Landsermentalität ausschwitzen, setzen sich schließlich die Guten durch.

Die 365 Einstellungen des Films, die im Trickstudio entstanden sind und ungefähr die Hälfte der ganzen Space-Oper ausmachen, stellen alles in den Schatten, was auf diesem Gebiet bis jetzt auf der Leinwand zu bestaunen war. John Dykstra, der sie inszeniert hat, benutzte Computer, in denen jede einzelne Kamerabewegung gespeichert war. Auf diese Weise war es möglich, bis zu zwölf Aufnahmen übereinanderzukopieren und mehrere sich in verschiedenen Bahnen vor dem Hintergrund von Planeten bewegende Flugkörper im selben Bild herumsausen zu lassen. Die technisch meisterhaft realisierten "Special effects" verbinden sich perfekt und fugenlos mit den Real-Aufnahmen der romantischen Geschichte eines "Kinderfilms", der Erwachsenen lohnenswerte Regressionen beschert. Denn Lucas spinnt pausenlos neue witzige Figuren und Episoden aus, daß man gelegentlich den Eindruck hat, auf der Sesamstraße zu sein und nicht auf der Milchstraße.

Arnd F. Schirmer

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