Kultur: Flamingo im Keller
Mariana Lekys Roman „Die Herrenausstatterin“
Ein Buch über Astronautennahrung, Kurzsichtigkeit und Karatefilme – , das löst erst einmal Kopfschütteln aus. Kann so ein Buch gelingen, gar gut sein? Die Fakten sprechen zunächst dagegen. Katja Wiesberg führt eine äußerst merkwürdige und dabei ziemlich perfekte Ehe, bis ihr Mann Jakob, der ab und zu in einem Zelt im Garten übernachtet, einer anderen wegen verschwindet. Kurze Zeit später stirbt er bei einem Autounfall. Dann ist da noch Dr. Blank, der tot ist und ein sprechender Altphilologe. Und der Feuerwehrmann Armin, der mit der Taschenlampe Feuer sucht.
Besser wird es, wenn man den Subtext von Mariana Lekys zweitem Roman „Die Herrenausstatterin“ beachtet. Dreht der Roman sich doch um das maßlose Lieben, das abrupte Ende maßlosen Liebens und den Schmerz über das Ende maßlosen Liebens. Ein Schmerz, der so groß und zerstörerisch sein muss, dass jede Beschreibung untertrieben und trotzdem kitschig wäre. Aber Katja ist von Kitsch weit entfernt. Sie hat mit ihrem Mann nicht nur ihren Job, sondern auch ihr Leben verloren. Alles verschwimmt vor ihr, Abstände schätzt sie falsch ein, „Abwegiges und Naheliegendes“ verwechselt sie. Katja kreiert sich eine Parallelwelt. Dort zwingt sie der Geist ihres verstorbenen Nachbarn – Dr. Blank – „hoch kalorische und vitaminreiche medizinische Trinknahrung“ zu sich zu nehmen, das Schlafen neu zu lernen, bei Verstand zu bleiben. Bis Armin mit der Taschenlampe und den Karate-Sprüchen vor der Tür steht und die Witwe in die Wirklichkeit zurückholt.
Eine Geschichte, so traurig, dass sie kaum zu ertragen wäre, würde Marianna Leky nicht in diesem hinreißend kindlichen Ton erzählen. Mit einfacher Sprache, unerwarteten Vergleichen und vertrauten Bildern nimmt sie ihrem Thema die Wucht. Man ertappt sich beim Lesen dabei, ähnlich Absurdes schon mal gemacht oder gedacht zu haben. Sei es, Verfallsdaten damit zu verbinden, dass der Partner endlich aus Amerika zurückkehrt – „wenn dieser Käse abläuft, ist Jakob wieder da.“ Sei es, hässliche Geschenke nicht ablehnen zu können und hinterher zu bereuen, sie nicht abgelehnt zu haben. Etwa einen Porzellanflamingo: „Wir stellen ihn in den Keller.“ Fakten hin oder her. Ein gutes Buch. Annabelle Seubert
Mariana Leky: Die
Herrenausstatterin. Roman. DuMont
Verlag, Köln 2010.
208 Seiten, 18, 95 €.
Annabelle Seubert
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