Hélène Grimaud und die Tschechische Philharmonie: Feuerköpfe
In der Philharmonie empfiehlt sich die Tschechische Philharmonie aus Prag mit blitzblanken, wieselflinken Streichern
Die Tschechische Philharmonie aus Prag weiß, wie sie ihren internationalen Ruhm mehren kann: Indem sie regelmäßig mit bedeutenden Solisten zusammenarbeitet. Nötig hätte sie das eigentlich nicht, die Spielkultur, die die Musiker in der Philharmonie mit Jiri Belohlávek am Pult offenbaren, spricht für sich. Zu Beginn empfehlen sie sich natürlich mit einem Werk ihres Landsmanns Antonin Dvorák: schäumend vor Energie und Lebensfreude, mit blitzblanken, wieselflinken Streichern und einem chromatisch angehauchten, tamburinumflorten Finale – so gehen sie seine „Karneval“-Konzertouvertüre an.
Unglücklich nur, dass das Programm kurzfristig umgestellt wurde. Eigentlich hätte Brahms’ erstes Klavierkonzert folgen sollen, was viel besser gepasst hätte zum Feuerkopf Dvorák, der Brahms, den Älteren, bewundert und sich vor allem in seinen frühen Symphonien häufig auf ihn bezogen hat. So wird die „Karneval“- Wucht in vollem Lauf ausgebremst von Schuberts „Unvollendeter“, die am Schluss hätte stehen sollen. Schmerzhaft schroff der Kontrast zu dieser auskompononierten Geistesverzweiflung, diesem tiefen Wissen um die Verheerungen menschlicher Existenz. Trotzdem, die Aufmerksamkeit ist gleich wieder gebannt. Graumelierte Bässe und Celli beim Hauptthema des ersten Satzes, das ländlerhaft zweite Thema so verhalten und zögerlich, als würden selbst die Musiker der Idylle nicht trauen. Als Utopie der Versöhnung schimmert dann der zweite Satz, bei dem Belohlávek die Orchesterstimmen wunderbar plastisch herauspräpariert.
In der Pause wird der Grund für die Programmumstellung schnell klar: Hélène Grimaud hat sich den Flügel offenbar höher gewünscht, er muss in einer komplizierten Operation aufgebockt werden. Was es hilft? Nicht viel, die Französin braucht trotzdem lange, um ins Stück zu finden, verschwindet häufig im Tutti. Das gehört zwar mit zur Konzeption von Brahm’s Klavierkonzert, in dem die Solostimme nur eine von vielen sein soll – trotzdem hätte man sich natürlich mehr Prägnanz, auch Brillanz gewünscht, die sich, immerhin, zum Ende hin einstellt. Aber das Präzise, genau Ausbuchstabierte, wie man es von Grimauds Aufnahmen her kennt, sucht man an diesem Abend vergeblich.
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