Jane Austen-Verfilmung: Emma, das Lockenluder
Eine frech modernisierte Verfilmung des Stoffes ist längst überfällig. Autumn de Wildes Film „Emma“ schwelgt in Dekoration, könnte aber mutiger sein.
Eine Emma Woodhouse, die vor dem Kamin die Röcke lüpft und sich den nackten Popo wärmt – damit hat bisher noch keine Verfilmung aufgewartet. Jane Austens komödiantischer Gesellschaftsroman von 1815 in frech modernisierter und trotzdem unverändert historischer Form, das wäre es doch. Inklusive neuer Einblicke in das aufmüpfige Eigenleben der auf Etikette getrimmten jungen Damen von Stand, die man – 200 Jahre später feministisch geschult – immer insgeheim erhofft.
Zumal die letzten Kinoadaptionen „Clueless – Was sonst“ (1995) und „Emma“ (1996) Austens einzige Antiheldin bereits in die USA der Gegenwart verlegten oder Gwyneth Paltrow als betont natürliche Titelfigur einer weichgezeichneten romantischen Komödie zeigten. Etwas mehr satirischer Pfeffer und Mut zur Überzeichnung ist bei „Emma“ überfällig, zumal sich die Verfilmungen anderer Austen-Romane in jüngster Zeit sogar an Screwballcomedys und Zombie-Schauermärchen wagten.
Widerborstiger Charakter
In der Tat hat Autumn de Wildes „Emma“ Überhöhungen zu bieten, nur fällt sie in der Charakterisierung der karikaturenhaften Frauenfiguren Harriet Smith (Mia Goth) und Miss Bates (großartig: Miranda Hart) weder modern noch frech aus. Emmas Arroganz, mit der sich die reiche Erbin im idyllischen Dorf Highbury als Ehestifterin betätigt, ist nach wie vor einzig Stand und Vermögen geschuldet.
Der widerborstige Charakter der 21-Jährigen, die nicht erkennen will, dass die große Liebe ihr in Gestalt des Nachbarn George Knightley (Johnny Flynn) tagtäglich gegenübersitzt, ist nicht von Selbstbewusstsein, sondern von Selbstgerechtigkeit geprägt. Immerhin beharrt Emma so deutlich wie nie auf ihrem Junggesellinnenstatus.
Die Borniertheit der britischen Gentry stellt de Wilde exemplarisch in der von Bill Nighy schön beschickert angelegten Figur von Emmas Vater, dem hypochondrischen Gecken Mr. Woodhouse, aus. Und auch Emma (Anya Taylor-Joy) selbst ist bis in die letzte ihrer absurden Korkenzieherlocken auf perfekte Erscheinung und Wirkung bedacht.
Keine ironischen Funken
Erstaunlich, dass sie sich ausgerechnet den armen Internatszögling Harriet Smith zur Freundin kürt, die sie partout mit dem Vikar Mr. Elton zu verkuppeln sucht. Das zieht diverse Liebesverwicklungen nebst abschließender Läuterung der ursprünglich heiratsunwilligen Hauptfigur nach sich.
Stattliche, in herrlichsten Farben ausgemalte Herrensitze, barocke Speisen-Berge und prächtige Kostüme (von der oscarprämierten Alexandra Byrne): De Wilde, die mit Musikvideos, Porträt- und Werbefotografie bekannt gewordene Leinwanddebütantin, schwelgt in dekorativer Form.
Doch anders als in Sofia Coppolas seidigem Perückenrausch „Marie Antoinette“ schlägt die – wahlweise von Opernarien oder Folkmusik untermalte – gestalterische Übersteigerung in „Emma“ keine ironischen oder poppigen Funken. Am Ende will die nur mühsam erzählerische Fahrt aufnehmende Gesellschaftspersiflage dann doch lieber eine Liebeskomödie mit ein paar bewegenden Momenten sein. Jane Austens ungebrochen populäre Vorlagen haben Mut zum Risiko verdient.
In 13 Kinos, OmU/OV: FaF, Kulturbrauerei, Odeon, Rollberg
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