Aurora Humanitarian Initiative: Eine Fackel, die nicht erlischt
Aurora Mardiganian überlebte den Genozid an den Armeniern, ihre Autobiographie wurde 1919 verfilmt. Wir zeigen ein Fragment
Die Aurora Humanitarian Initiative ist benannt nach Arshaluys Mardiganian, die sich selbst später Aurora nannte. Das armenische Mädchen – das entführt und verkauft wurde und dann floh, um vom Leid ihres Volkes zu berichten – überlebte den Genozid an den Armeniern. Das Trauma blieb.
Aurora war eine der wenigen, die der Welt die Augen für diese Tragödie öffneten und von dem schrecklichen Geschehen berichteten. Als Arshaluys Mardiganian wurde sie 1901 im Osmanischen Reich geboren. Die Tochter eines erfolgreichen Finanziers lebte mit ihrer Familie in der Stadt Chemeshgik im heutigen Ostanatolien ein sorgenfreies, gutes Leben. Sie war eine vielversprechende Schülerin. Das änderte sich abrupt, als Arshaluys 14 Jahre alt war und die osmanische Regierung mit der systematischen Vernichtung der armenischen Bevölkerung begann. 1915 besetzte die Armee Arshaluys’ Stadt. Hunderttausende wurden gezwungen, aus ihren Häusern zu fliehen. Frauen wurden von türkischen Beamten vergewaltigt und gefoltert. Am schockierendsten war jedoch der Verlust ihrer Eltern, die brutal vor ihren Augen getötet wurden.
In den Vereinigten Staaten zog die mutige junge Frau die Aufmerksamkeit vieler auf sich, weil sie von ihren schrecklichen Erfahrungen erzählte. Die Zeitungen berichteten über sie. Daher änderte sie ihren Namen in Aurora, um ihre Familienmitglieder zu schützen, die noch am Leben waren und der Verfolgung durch die Türken entkommen wollten. Zwei Jahre nach ihrer Ankunft in den USA, 1918, veröffentlichte sie ihre Erfahrungen in ihrem Buch „Ravished Armenia“. Hollywood wurde aufmerksam und witterte das große Geld, wenn ihre Geschichte im Kino erzählt würde. Regisseur Harvey Gates verfilmte ihr Leben 1919 unter dem Titel „Auction of Souls“ („Auktion der Seelen“) mit der jungen Armenierin in der Hauptrolle.
Aurora beteiligte sich am Fundraising zur Unterstützung ihrer Landsleute
Das Buch verkaufte sich rund 300 000 Mal; so kamen Millionen Dollar für die Hilfsorganisation Near East Relief zusammen. Aurora beteiligte sich am Fundraising zur Unterstützung ihrer Landsleute. Doch ihr Ruhm brachte auch Probleme. „Indem man sie dem amerikanischen Publikum als Augenzeugin präsentierte, wurde ihre bereits verwundete Seele noch mehr verletzt“, sagte Anthony Slide, der Herausgeber ihrer Memoiren. „Sie musste in jeder Filmshow in den USA auftreten.“ Die Leute, allen voran Harvey Gates, hätten sie ausgenutzt. Auch ein Medizinstudium wurde ihr verwehrt.
Aurora zog sich daraufhin aus dem öffentlichen Leben zurück und lehnte weitere Filmangebote ab. Sie ließ sich in Los Angeles nieder, heiratete und bekam einen Sohn. Doch sie lebte in ständiger Angst, türkische Soldaten könnten sie in Amerika aufspüren. In einem Interview sagte sie einmal, der Film könne nicht annähernd die wahren Schrecken wiedergeben, die sie erlebt habe. Sie verbrachte die letzten Wochen ihres Lebens allein im Ararat Home, einem Altersheim für Armenier in Los Angeles, und starb 1994 mit 93 Jahren.
Zoya Mahfoud
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