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Der 1987 geborene Pianist Christopher Park.
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Christopher Park: Ein Pianist wie ein Paukenschlag

Beim Konzert des Deutschen Symphonie-Orchesters schlägt Christopher Park das Publikum in seinen Bann - mit einer maximal persönlichen Interpretation von Sergej Rachmaninows 2. Klavierkonzert

Nur ein paar Takte – und schon hat er den Saal. Sicher, die wuchtigen Töne im tiefsten Register, hingesetzt wie Hammerschläge, die gehören sich so am Beginn von Rachmaninows 2. Klavierkonzert. Doch über die pure Fingerkraftleistung hinaus wird sofort deutlich, dass hier keine konventionelle Darbietung des spätromantischen Virtuosenbrockens folgen wird. Der junge Mann mit dem tiefschwarzen Haar, der beim Betreten der Bühne so freundlich und bescheiden ins Auditorium lächelt, wird in den kommenden 35 Minuten vor den überraschten Hörerohren eine höchst individuelle, von enormem Selbstbewusstsein getragene Interpretation ausbreiten. Wobei die Komposition selber fast vollständig hinter der Pianistenpersönlichkeit verschwindet – weil Christopher Parks Spiel spontan erfunden wirkt, wie im glücklichen Augenblick improvisiert.

Wenn er fortissimo in die Tasten langte, wird der Steinway-Klang nie metallisch. Vielmehr entströmt dem Instrument ein Wohlklang von enormer Überzeugungsmacht. Und wenn er sich in den leisen Passagen zurücknimmt, zum Flügelflüsterer wird, gewinnen die Töne Intensität, ohne dass der Klang etwas von seiner stupenden Fülle, seiner faszinierenden Vielfarbigkeit einbüßen würde.

Der Solist, der als Gast des Deutschen Symphonie-Orchesters diesen Donnerstagabend in der Philharmonie zum Ereignis macht, wurde 1987 in Bamberg geboren, wuchs in einer deutsch-koreanischen Familie auf, wurde mit 12 Jahren Jungstudent an der Musikhochschule des Saarlands und vervollständigte seine Ausbildung in Frankfurt. Bei seinem Berlin-Debüt wird er von Christoph Eschenbach begleitet, der ja sowohl Dirigent wie Pianist ist, und seinen Fast-Namensvetter seit 2012 als väterlicher Mentor betreut. Wobei es keine Kleinigkeit ist, Christopher Park zu begleiten: Denn die Kommunikation mit dem Orchester gehört (noch) nicht zu seinen Stärken. Interaktion findet kaum statt, Bläser und Streicher müssen sich nolens volens seinen Tempi, seinen Rubati unterordnen, damit die ganze Chose nicht auseinanderfällt. Und wäre das DSO nicht so eine tolle, reaktionsschnelle Truppe und Eschenbach kein derart souveräner Orchesterleiter, der genialische Ausdrucksmusiker hätte kaum eine Chance, seinen exzentrischen Monolog so stringent durchzuziehen.

Nach der Pause fällt es schwer, sich auf Dmitri Schostakowitschs 5. Sinfonie zu konzentrieren – obwohl die Aufführung brillanten Drive hat und alle Instrumentengruppen des DSO durchweg Spitzenleistungen abliefern. Zu intensiv aber klingt noch das aufwühlende Erlebnis der ersten Konzerthälfte nach. Wobei Christopher Park nicht alle Zuhörer gleichermaßen begeistert. Die einen mögen sich gar nicht erst auf seine Art einlassen, andere bemängeln, dass er durch diesen maximal subjektiven Stil das rauschhafte Rachmaninow-Klangerlebnis verhindere.

Alle aber haben erlebt, wonach sich Klassik- Fans stets am allermeisten sehnen: Durch einen außergewöhnlichen Zugriff ein altvertrautes Stück unerwartet ganz neu zu erleben.

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