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Ikone des Neuen Bauens. Le Corbusiers zwei Einfamilienhäuser in der Stuttgarter Weissenhofsiedlung, 1927.
© dpa

Welterbe: Bauten von Le Corbusier: Ein Architekt der Moderne

Le Corbusier ist Weltkulturerbe. Das Unesco-Komitee setzte in Istanbul 17 Bauten des Architekten auf die Liste schützenswerter Objekte.

Am Sonnabend musste das in Istanbul tagende Unesco-Welterbekomitee seine Sitzung unterbrechen, der Putschversuch war in der Türkei im Gange. Am Sonntagmorgen dann war die Sicherheitslage so weit geklärt, dass die Komitee-Mitglieder am Morgen zu einem vorläufigen Abschluss kommen konnten, bevor sie schleunigst in ihre Heimatländer zurückreisten. „Die verbleibenden Tagesordnungspunkte werden in einer außerordentlichen Sitzung nachgeholt“, teilte die Deutsche Unesco-Kommission zum Procedere mit.

Immerhin, der Gemeinschaftsantrag von sieben Unesco-Mitgliedsstaaten, 17 Bauten des Architekten Charles-Edouard Jeanneret, genannt Le Corbusier (1887 bis 1965), zum Weltkulturerbe zu erklären, konnte noch behandelt und befürwortet werden. Ansonsten wäre die 40. Komitee-Session recht unergiebig verlaufen. Zwar wurden in den Tagen zuvor einige Naturdenkmäler als Welterbe anerkannt; die Unesco-Konvention von 1972 betrifft gleichermaßen Natur- und Kulturdenkmäler. Doch im Bereich der prestige- und tourismusträchtigen Kulturdenkmäler hatte sich diesmal nichts getan, eine Folge auch der selbst auferlegten Beschränkung in der Zulassung neuer Anträge, nachdem die Weltkulturerbeliste bis zum vergangenen Jahr auf 1031 Einträge angeschwollen war. Gemeinschaftsanträge haben jetzt die besseren Chancen.

Deutschland ist mit den zwei Stuttgarter Häusern dabei

So ist das Le-Corbusier-Paket über das Lebenswerk des gebürtigen Schweizers verteilt. Die Reihe beginnt mit den benachbarten Einfamilienhäusern des Jahres 1923 im wohlhabenden Pariser Stadtteil Auteuil und schließt mit dem Erholungszentrum in der Industriestadt Firminy aus den sechziger Jahren. Zehn der 17 Bauten und Ensembles befinden sich in Frankreich, der Wahlheimat Le Corbusiers, zwei Bauten in der Schweiz, und die übrigen fünf verteilen sich auf die weiteren fünf Antragsteller-Staaten.

Deutschland ist mit den beiden Einfamilienhäusern beteiligt, die „Corbu“ – wie ihn seine zahlreichen Verehrer nannten – 1927 zur Stuttgarter Weissenhofsiedlung beisteuerte, jener Modellsiedlung des Deutschen Werkbundes an einem grünen Hang oberhalb der Neckarmetropole, die unter der Generalplanung Mies van der Rohes erstmals versammelte, was hierzulande als „Neues Bauen“ galt und bald als „International Style“ weltweit Furore machte. Die beiden Weissenhof-Villen firmieren als Deutschlands 41. Weltkulturerbe-Eintrag; bedauerlich jedoch, dass die Weissenhof-Siedlung als Ganzes dieses Prädikat nicht genießt.

Le Corbusier hat an der globalen Verbreitung der neuen Architektursprache großen Anteil. „Gemeinsam mit weiteren Architekten hat Le Corbusier die Architektur der Moderne seinerzeit neu definiert. Seine nun zum Erbe der gesamten Menschheit gehörenden Werke verkörpern typologisch den radikalen Bruch mit vormals verwendeten Stilen, Designs, Methoden, Technologien und Bautechniken“, fasste Hartwig Lüdtke, Vizepräsident der Deutschen Unesco-Kommission, gestern die Begründung zusammen: „Sie stehen symbolisch für die damalige Erfindung einer neuen Architektursprache auf globaler Ebene.“

Le Corbusier hat seine eigene Architektur mehrfach gewandelt. Nach den technisch-industriell ausgerichteten Entwürfen der zwanziger Jahre, als er den Begriff der „Wohnmaschine“ prägte, kam er zu Großbauten wie der „Wohneinheit“, einem Superblock, den er erstmals ab 1947 in Marseille mit insgesamt 337 Wohnungen und diversen Gemeinschaftseinrichtungen errichten konnte. Der Berliner Nachfolger, das aufgrund der Bauvorschriften von den Vorgaben des Architekten deutlich abweichende „Corbusier-Haus“ nahe der Heerstraße von 1958, wurde nicht mitnominiert.

In seinem Alterswerk schuf Le Corbusier eher organisch gestaltete Bauten wie die berühmte Kapelle von Ronchamp (1950) mit ihrem gerundeten Betondach, aber auch die Neuanlage der Verwaltungsstadt Chandigarh in Indien. Beides ist nun auf der Unesco-Liste, ebenso das Nationalmuseum für Westliche Kunst in Tokio (1959). Auf der Unesco-Liste fehlt bedauerlicherweise das Centrosojus in Moskau. Das Verwaltungsgebäude von 1928-35, das alle Bauteile wie Büros oder Plenarsaal miteinander verbindet, ist beständig gefährdet.

Bereits vor acht Jahren waren 14 französische Bauten Le Corbusiers auf die Tentativliste der Unesco gekommen, die Merkliste für künftige Anträge, später erweitert um außerfranzösische Werke. Doch vor fünf Jahren wurde ein entsprechender Antrag abgelehnt. In der Tat besteht bei Gemeinschaftsanträgen verschiedener Länder die Schwierigkeit, ein gemeinsames Erhaltungskonzept zu erarbeiten und dauerhaft umzusetzen. Darüber konnten sich die Unesco-Komiteemitglieder aus 21 Ländern gestern in der vorzeitig beendeten Sitzung keine Gedanken machen. Immerhin ist das uferlose Wachstum der Welterbeliste zum Halten gekommen.

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