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Juliette Binoche, Regisseur Hirokazu Koreeda, und Catherine Deneuve bei der Pressekonferenz für den Film "La vérité" bei denFilmfestspielen Venedig.
© dpa

Die Spiele in Venedig haben begonnen: Drei Generationen Leinwandstars eröffnen das Filmfest

Catherine Deneuve, Juliette Binoche und Ludivine Sagnier bei der Pressekonferenz zu „La Vérité“, dem Eröffnungsfilm des Filmfests Venedig. Eine Klasse für sich!

Würde sie wieder dieses leise Amüsement an den Tag legen, mit der sie ihre Filmfigur ausstattet, die berühmte französische Schauspielerin Fabienne? Bei der Pressekonferenz zu „La Vérité“ warten natürlich alle besonders auf sie, auf Catherine Deneuve, die Königin unter Frankreichs Diven. Es gibt technische Probleme, also heißt es länger warten hier im Obergeschoss des Casinò am Lido mit seinen gazeverhängten Kronleuchtern und dem Spielkartenmuster an der himmelhohen Decke.

Aber was sind schon ein paar Minuten, wenn neben Deneuve gleich auch Juliette Binoche, Ludivine Sagnier und der japanische Regiemeister Hirokazu Kore-eda auf dem Podium sitzen: Der Promifaktor ist hoch zur Eröffnung des 76. Filmfests Venedig.

Wie ist das, wenn Schauspielerinnen Schauspielerinnen spielen und wenn sie dann von den Medienvertretern gefragt werden, wie es ist, eine Schauspielerin zu spielen? Der Film selbst beginnt ja mit einem dieser typischen Star-Interviews und einer sich elegant über den nervösen Journalisten mokierenden Deneuve. Jetzt bloß keine Frage stellen, auf die sie mit „Die Antwort habe ich kürzlich dem ‚Figaro‘ gegeben“ reagieren könnte!

Es ist ein Vexier- und Verwirrspiel. Catherine Deneuve schaut tatsächlich leicht amüsiert in die Runde. Sehr aufrecht sitzt sie da, eine Souveränin, eine Klasse für sich. Sie lässt den Blick über die dichtgedrängte Menge schweifen, trägt einen breiten goldfunkelnden Armreif zum schwarzen Kleid mit durchbrochener Spitze. Material gewordene Aura: Königin ist gar kein Ausdruck. Sie sagt, dass sie viel von sich in ihre Figur eingebracht hat, „aber das bin nicht ich“. Sie sagt es mehrfach, denn sie wird immer wieder nach der Fabienne in ihr gefragt, dieser Schauspielerin, die ihre Familie, die Tochter, den Mann, ja noch den langjährigen treuen Sekretär mit ihrer Egozentrik verletzt und verprellt. „Sie ist von mir gestaltet, aber sie ist anders als ich.“  Deneuve sagt es ruhig, bis zuletzt. Unmut zu zeigen, käme ihr nicht in den Sinn.

Deneuve erwähnt den Frust bei den Dreharbeiten

Auch den Jubel, der zur Begrüßung aufbrandet, nimmt sie mit Huld und Haltung entgegen. Juliette Binoche hatte ihn lieber mit einem Anflug von Selbstironie quittiert. Sie spielt Fabiennes Tochter und sagt jetzt, sie sei als Schauspielerin mit Deneuve großgeworden, dieser Verkörperung der Weiblichkeit. Die beiden standen noch nie gemeinsam vor der Kamera. Alles was sie macht, betreibt sie obsessiv, selbst wenn sie nur kocht, meint Binoche auf die Frage nach den Besonderheiten einer Schauspielerin-Rolle. Ludivine Sagnier hält sich cool zurück, sieht sich im Dienst der Vision des Regisseurs.

Drei Generationen von Leinwandstars: Regisseur Kore-eda möchte „La Vérité“ auch als Hommage an die französische Filmgeschichte verstanden wissen. Er spricht leise, bescheiden, fast scheu, er ist glücklich, dass Binoche ihn zu diesem Experiment seines ersten Auslandsdrehs animiert hat, als sie sich in Japan kennenlernten. Der 57-jährige Filmemacher, berühmt für seine sensibel erzählten Geschichten über Familien und das, was sie im Innersten zusammenhält, hat dann einen japanischen Stoff für Paris umgeschrieben. Er betont, wie sehr Binoche und Deneuve ihre Rollen mitgestaltet haben. Und Deneuve, noch einmal: Das bin nicht ich.

Sie erwähnt den Frust bei den Dreharbeiten, sich nicht direkt mit Kore-eda verständigen zu können, und ihre Freude an der Überwindung der Sprachbarriere. Er habe ihnen ihre Figuren eher vorgespielt als erklärt, sagt Binoche. Und die kleine Clémentine Grenier, die Fabiennes aufgeweckte Enkeltochter spielt, berichtet freimütig, sie habe zunächst geraten, was Kore-eda wollte, und es sei immer besser gegangen.

Die Kunst des Schauspiels: richtig raten zu können. Und die Zuschauerin rätselt zu gerne mit.

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