Little Simz live in Berlin: Die Welt und die Wilden
Die Londoner Rapperin Little Simz gab im ausverkauften Berliner Yaam ein beeindruckendes Konzert.
Über ihrem Kopf schwebt eine Krone. Ihre Augen sind weiße Schlitze, zwischen den gefletschten Zähnen hängt ein blauer Fetzen. In der rechten Hand hält diese finstere Comicfigur eine zerfetzte Weltkugel – da hat sie sich wohl gerade ein Stückchen rausgebissen.
Das weiß umrahmte Bild im Bühnenhintergrund des ausverkauften Berliner Yaam Clubs passt erst mal überhaupt nicht zu der zarten, ganz in Schwarz gekleideten Person, die um kurz nach halb neun hereinkommt und sich ans Mikrofon stellt. Little Simz trägt Pagenkopf, einen eleganten, dünnen Mantel, ein hochgeschlossenes Top und eine weite Dreiviertelhose. Wären da nicht ihre Turnschuhe, könnte man man sie für eine Theaterbesucherin oder eine Geschäftsfrau halten.
Doch schon mit ihrer ersten Zeile spinnt die 21-jährige Rapperin, die Kendrick Lamar und Jay Z zu ihren Fans zählt, einen Verbindungsfaden zu ihrem bekrönten Comic-Alter-Ego: „Everybody should know that I’m king now!“
Es ist der programmatische Eröffnungstrack ihres vor knapp drei Monaten erschienenen Debütalbums „A Curious Tale of Trials+Persons“, dessen Cover sie ebenfalls mit Krone zeigt. „Persons“ ist ihr Selbstermächtigungsstatement und ihre Absage an die Einflüsterungen von Leuten aus der Musikindustrie. Denn Little Simz, die eigentlich Simbi Ajikawo heißt und in Nord- London aufwuchs, ist Einzelkämpferin. Ihr Album hat sie gratis im Londoner Red-Bull-Studio aufgenommen und vertreibt es genau wie ihre vielen Mixtapes über ihr eigenes Label.
Das nötige Selbstbewusstsein für einen solchen Alleingang hat sie, die Ausstrahlung ebenfalls. Es ist atemberaubend, mit welcher Souveränität sie auf der Bühne agiert und welche Präsenz sie entwickelt. Obwohl hinter ihr nur ein DJ steht, wirkt sie keine Sekunde verloren. Dabei macht sie gar nicht viel: hier mal ein paar zackige Handbewegungen, dort mal ein Armschwingen oder eine kurze Tanzpassage. Nichts was zu sehr ablenkt von ihrer Raptechnik. Ob schnelle Endloskaskaden oder sanft fließende Zeilen – Little Simz bewältigt das alles mit einer beiläufigen Mühelosigkeit.
Nach der Pause geht es härter und schneller weiter
Mitunter erinnert sie an Lauryn Hill, bei der leicht leiernden Hookline von „Tainted“ sogar an Drake. Wobei sie auffallend wenig singt, einige Gesangsparts werden eingespielt.
Nach einer halben Stunde kündigt Little Simz bereits ihren letzten Song an. Nur um nach einer kurzen Pause eine weitere halbe Stunde dranzuhängen. Sie trägt jetzt ihr weißes Tour-Shirt, auf dem die Comicfigur zu sehen ist. Man versteht das Motiv nun deutlich besser, denn Little Simz lässt es im zweiten Teil härter, schneller und dreckiger angehen. Das Album mit seinen Piano- und Cellobegleitungen ist abgehandelt, EP-Tracks wie das böse grollende „Savage“ stehen im Zentrum. Hier ist Little Simz ganz bei sich, ihre Power erfüllt den ganzen Saal. Königlich.
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