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Die irakisch-britische Architektin Zaha Hadid (1950-2016).
© dpa

Zum Tod von Zaha Hadid: Die Wellenmeisterin

Sie brachte Schwung in die Baukunst: Stararchitektin Zaha Hadid wurde mit tanzenden Wänden und fliegenden Balken bekannt. Jetzt ist sie mit 65 Jahren in Miami gestorben. Ein Nachruf.

Sie war Inbegriff des internationalen Architekten-Jet-Sets, allüberall präsent und weltweit gefragt. Vor allem, wenn Städte, Museen oder Institutionen mit zeichenhaften Bauwerken hervortreten wollten. Wie Daniel Libeskind und wie Frank O. Gehry lieferte sie verlässlich diese signature buildings, mit denen sich die Bauherren einen Bilbao-Effekt, das heißt internationale Publizität versprechen.

Zunächst machte Zaha Hadid, die 1950 in Bagdad zur Welt kam und den Irak schon als Teenager verließ, in London von sich reden, wo sie an der avantgardistischen Talentschmiede Architectural Association School AA studierte. Ein Mathematikstudium in Beirut hatte sie zuvor abgebrochen. Rasch wuchs sie in den Einflusskreis von Rem Koolhaas und Bernard Tschumi hinein. Dort verstand man ihre exzentrische Architekturauffassung, ihre „Mikado-Architektur“ der tanzenden Wände und fliegende Balken nach dem Vorbild der russischen Konstruktivisten um Kasimir Malewitsch. Sie fand Anerkennung für ihre betörend schönen Tafelbilder, auf denen sie die fliegenden und berstenden Strukturen darstellte.

Baukonstruktion und funktionale Brauchbarkeit lagen damals nicht im Fokus ihres Interesses. Sie beschickte Ausstellungen und wurde in allen Architekturgazetten ausgiebig präsentiert. Die Sammler rissen ihr die Blätter geradezu aus den Händen.

Hadid suchte lange nach Bauherren für ihre avantgardistischen Entwürfe

International geadelt wurde sie durch Philip Johnson, der mit einer Ausstellung im New Yorker Museum of Modern Arts den Begriff der „Dekonstruktivistischen Architektur“ prägte. Zaha Hadid war dabei, neben Frank O. Gehry, Daniel Libeskind, Rem Koolhaas, Coop Himmelb(l)au und Peter Eisenman. Es folgten Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen und Vorträge in aller Welt Vorträge. Sie wurde zur schillerndsten Figur der internationalen Architektenszene.

Lange Jahre gelang es ihr nicht, einen Bauherren für einen ihrer avantgardistischen Entwürfe zu gewinnen. Nicht mit ihrem 1983 berühmt gewordenen Hotelprojekt The Peak für Hong Kong, und auch nicht mit einem Berliner Projekt am Kurfürstendamm Ecke Lewishamstraße, für das sie 1986 den Architektenwettbewerb gewonnen hatte. Der Bauauftrag ging damals an Helmut Jahn.

1991 kam sie schließlich mit Vitra-Chef Rolf Fehlbaum zusammen, der in Weil am Rhein einen Firmencampus plante. Hadid bekam den Auftrag, das Gebäude für die Werksfeuerwehr zu planen. Und sie fand einen leidensfähigen Kontaktarchitekten, der sich in der Lage sah, mit ihr zusammenzuarbeiten. Im Jahr 1993 war das Feuerwehrhaus fertig, ein letztlich untauglicher, doch wunderschöner Bau, zusammengesetzt aus schiefen Ebenen, dynamisch aufstrebenden Dachflächen, schräg balancierenden Stützen und scharfen Kanten.

Nach und nach verzeichnete sie internationale Wettbewerbserfolge, von denen einige in die Realisierungsphase gingen. 1987 konnte sie den Wettbewerb der IBA für einen Wohnungsbau in der Berliner Stresemannstraße gewinnen. Der Bau wurde jedoch in der Realisierungsphase so zurechtgestutzt und verändert, dass sie sich davon distanzierte und ihn schließlich aus ihrem Werkverzeichnis strich.

Später gelang es Zaha Hadid, nicht zuletzt durch ihren deutschen Mitarbeiter und späteren Büropartner Patrik Schumacher, baubare Strukturen zu planen. Immer jedoch bedurfte es der fähigsten Tragwerksplaner, um ihre Entwürfe in Beton und Stahl umzusetzen. Zuletzt arbeitete sie meist mit den Frankfurter Ingenieuren Bollinger + Grohmann zusammen.

Ab 1999 entstanden der Landesgartenschau-Pavillon in Weil am Rhein, ein Parkhaus in Strasbourg und die Skischanze sowie die Stationen der Hungerburgbahn in Innsbruck. Hadids besonderes Interesse galt dem Museumsbau, von denen einige verwirklicht werden konnten, in Cincinnati, in Rom, Kopenhagen, und Taichung (Taiwan). In China gingen eine Oper in Guangzhou und weitere Projekte in die Realisierung. Bekannt wurde auch das Wassersportzentrum der Olympischen Spiele in London 2012.

In den vergangenen Jahren wurde ihre Architektur dynamischer

Deutschland war für sie ein erfolgreiches Geschäftsfeld. Außer in Berlin und Weil am Rhein baute sie in Leipzig für BMW ein höchst interessantes Produktionsgebäude sowie in Wolfsburg das Wissenschaftszentrums Phaeno.

In den vergangenen Jahren wurde ihre Architektur gefälliger, dynamischer. Bersten und Splittern war nicht mehr angesagt, dafür rundere Formen – so weiblich, dass man einen Stadionentwurf für Katar mit einer riesigen Vulva verglich, was die Realisierungschancen in dem arabischen Scheichtum gegen null sinken ließen. Auch ein anderer Prestigebau bleibt im Planstadium stecken. In Tokio wurde ihr Projekt für das Stadion der Olympischen Spiele 2020 gekippt. Die prognostizierten Kosten von 1,7 Milliarden Euro lagen einfach zu hoch.

Allzeit extravagant gekleidet, pflegte sie mit ihrer präsenten, divenhaften Erscheinung einen Starkult. Zaha Hadid gab sich unnahbar und anspruchsvoll, was ihr sicher auch half, ihre außergewöhnliche Architektur durchzusetzen. Ein großer Triumph war 2004 die Verleihung des Pritzker-Preises, der als Nobelpreis der Architektur gilt. Ihr wurde diese Ehre als erster Frau und jüngster Preisträgerin zuteil.

Zaha Hadids Architektur war einzigartig und unverwechselbar. Sie hat allerdings kaum Nachfolger gefunden und die Architekturentwicklung kaum beeinflussen können, zumal ihre Formensprache immer in Konflikt mit baukonstruktiven und funktionalen Anforderungen geriet. Mit ihrer Auffassung von Architektur als gestaltender Kunst, als Pendant und Partner der Bildenden Kunst, insbesondere zur Gestaltung von zeichenhaften Kulturbauwerken, hat sie dem Bauwesen jedoch enorme Impulse verliehen.

Am gestrigen Mittwoch erlag Zaha Hadid in Miami im Alter von 65 Jahren einem Herzinfarkt.

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