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Der Siegerentwurf für das Museum des 20. Jahrhunderts von Herzog & de Meuron.
© Büro Herzog & de Meuron

Museum des 20. Jahrhunderts: Die Scheune lieben lernen

Der Siegerentwurf zum Museum der Moderne am Kulturforum hat einige Kritik erfahren. Jetzt wird dem Architektenduo Herzog & de Meuron ein Expertengremium zur Seite gestellt.

Die Vorbereitungen für den Bau des Museums des 20. Jahrhunderts am Berliner Kulturforum kommen allmählich in Gang. Jetzt gab die Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Berufung eines Beratungsgremiums bekannt, das den Bau begleiten soll. Stiftungspräsident Hermann Parzinger erklärte dazu, das Fachgremium werde „uns als neutrale Instanz – angesiedelt an der Schnittstelle zwischen Politik, Öffentlichkeit, Bauherrn und Bauverwaltung – bei diffizilen Fragestellungen beraten und, falls nötig, als Vermittler tätig werden“. Es könne zudem die Kommunikation des Projekts befördern und moderierend öffentlich Stellung nehmen.

Die Einrichtung des Gremiums geht auf eine Empfehlung des Preisgerichts zurück, das 2016 den Architekturwettbewerb beurteilt und das Schweizer Büro Herzog & de Meuron zum Sieger gekürt hatte. Der Jury-Vorsitzende, der Stuttgarter Architekt Arno Lederer, wird das Beratungsgremium leiten, zudem wurden vier weitere Architekten berufen, Arno Brandlhuber (Berlin), Andreas Hild (München), Hilde Léon (Berlin) und HG Merz (Stuttgart/Berlin), außerdem Berlins Senatsbaudirektorin Regula Lüscher. Letzteres verwundert insofern, als Lüscher ohnehin qua Amt aufs Intensivste mit der Gestaltung des Kulturforums und der dortigen Bauten beschäftigt ist. Neben Lederer waren Hilde Léon und Regula Lüscher bereits Mitglieder des Preisgerichts.

Grütters hat sich unermüdlich für das Museum engagiert

Die Einrichtung des Gremiums erfolgte in Absprache mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Auch die CDU-Politikerin betont, es handele sich nicht um ein zusätzliches Entscheidungsgremium, es gehe vielmehr um Beratung und Vermittlung „für dieses herausragende Architekturprojekt“. Die Kulturbehörde des Bundes führt die Rechts- und Fachaufsicht über die Preußenstiftung und stellt die Mittel für den Bau auf Initiative des Bundestags in den Bundesetat ein. Für das jahrelang diskutierte und 2014 entschiedene Projekt des Moderne-Museums hatte Grütters sich unermüdlich engagiert.

Warum die Einrichtung eines Berater-kreises? Sie erklärt sich vor dem Hintergrund der erheblichen Kritik, die der Siegerentwurf von Herzog & de Meuron erfahren hat. So ist das kompakte, mit einem flach geneigten Satteldach gedeckte Gebäude als Kulturscheune und so gar als Discounter-Markt bezeichnet worden. Bislang sind lediglich Korrekturen an der Dimension des geplanten Gebäudes vorgenommen worden. Mit der Stiftung St. Matthäus konnte eine Einigung „auf einen Abstand von nunmehr 14 Metern zwischen der Matthäuskirche und dem neuen Museum“ erzielt werden, wie die Preußenstiftung hervorhebt. Zudem wurde der Abstand zur Neuen Nationalgalerie vergrößert, „damit auch später die Apsiden an der Rückseite der Matthäuskirche von der Potsdamer Straße aus zu sehen sind“. Diese Änderungen wurden unlängst bei einer Veranstaltung mit den beiden Basler Architekten in der Akademie der Künste öffentlich bekannt (Tsp. vom 17. 11.). Eine Überarbeitung des Entwurfs als solchem, etwa hinsichtlich der Fassaden oder der inneren Erschließung, ist hingegen nicht einmal im Ansatz erkennbar.

Mit einer Fertigstellung des Museums wird mittlerweile frühestens 2022 oder 2023 gerechnet; eine offizielle Angabe zum Baubeginn liegt nicht vor. Als „erste sichtbare Maßnahme“, so die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, würden in Kürze die Baugrunduntersuchungen beginnen. Sie sollen Prognosen über „die Wechselwirkung des Bodens, des Grundwassers und des geplanten Bauwerks“ möglich machen. Man sollte meinen, dass solche Untersuchungen einem Architekturwettbewerb überhaupt vorausgehen müssten, zumindest aber unmittelbar nach dessen Abschluss vorzunehmen wären. Das erste Jahr seit dem Wettbewerbsentscheid 2016 lässt sich wohl nur als ein weitgehend verlorenes bezeichnen.

Die freudige Erwartung, die der überraschende Beschluss des Bundestagshaushaltausschusses über die Bereitstellung von 200 Millionen Euro im Jahr 2014 für den Museumsbau in der Öffentlichkeit geweckt hatte, ist mittlerweile eher gedämpft. Das ist auch deshalb misslich, weil die Klassische Moderne und die dem Land Berlin als Schenkung vermachte Surrealistensammlung des Ehepaars Pietzsch noch lange in den Depots warten muss – auch die Neue Nationalgalerie wird derzeit ja generalsaniert. Alle Hoffnung richtet sich nun darauf, dass der auf Betreiben der Kulturstaatsministerin mit der Ausführung beauftragte Landesbetrieb Bundesbau Baden-Württemberg – er hat unter anderem die Landesvertretung Baden-Württemberg an der Tiergartenstraße errichtet – für einen zügigen Bauverlauf sorgt.

Bernhard Schulz

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