Kulturgutschutzgesetz: Die Sammler verdrehen die Fakten
SAP-Mitgründer Hasso Plattner droht, seine Sammlung nach Kalifornien zu bringen, sollte das umstrittene Kulturgutschutzgesetz beschlossen werden. Dabei vertreibt das Gesetz Sammler und Kunst nicht aus Deutschland. Ein Kommentar.
Nun mal vom Kopf auf die Füße gestellt: Keineswegs vertreibt Kulturstaatsministerin Monika Grütters mit ihrem Entwurf für ein neues Kulturgutschutzgesetz Sammler und Kunst in Scharen aus Deutschland. Wenn Hasso Plattner ankündigt, er könne seine Impressionisten auch von Potsdam nach Kalifornien abziehen, wenn in Rheinland-Pfalz ein Privateigentümer einen wertvollen Goldpokal aus dem 17. Jahrhundert fix via Großbritannien in die USA bringen lässt, um ihn dem staatlichen Zugriff zu entziehen, dann bestätigt das nur die Notwendigkeit des Gesetzes – um national wertvolle Kunst möglichst im Land zu halten. Es klingt nach Erpressung: Eigentümer drohen mit dem Abzug ihrer Kunstschätze, falls ein Gesetz erlassen wird, das ihnen nicht passt. Auch werden in dem von Sammler- und Unternehmerseite entfachten Shitstorm, dem Grütters sich ausgesetzt sieht und den die Politik in Potsdam zusätzlich befeuert, die Fakten verdreht.
Keineswegs vertreibt Kulturstaatsministerin Monika Grütters Sammler und Kunst aus Deutschland
Erstens: Schon nach geltendem Recht – gegen das die Sammler nicht protestierten – kann national wertvolles Kulturgut nicht ohne Genehmigung in Länder außerhalb der EU zum Zweck des Verkaufs ausgeführt werden. Zweitens: Auch künftig soll die Ausfuhr nicht verboten werden, neu wäre bloß die Genehmigungspflicht für den Verkauf in EU-Länder. Drittens: Betroffen sind ausschließlich als national wertvoll eingestufte Kulturgüter, sprich: Über die große Mehrzahl seiner Objekte kann ein Hasso Plattner auch künftig nach Belieben verfügen.
Über die große Mehrzahl seiner Objekte kann ein Hasso Plattner auch künftig nach Belieben verfügen
Mäzene und Sammler wie Plattner, Reinhold Würtz oder das Ehepaar Pietzsch in Berlin machen sich um die Kulturnation unendlich verdient, wenn sie ihre Kollektionen der Öffentlichkeit überantworten. Dafür gebührt ihnen aller Dank der Welt. Aber ihr Besitz, befindet er sich erst mal im Museum, steigt deshalb auch im Wert, die Überantwortung geschieht nicht uneigennützig. Kunst ist beides, Kulturgut und Geldanlage. Deshalb bringt der Besitz eines Nolde oder eines Goldpokals mehr Verantwortung mit sich als der einer Luxusyacht. Eine Frage der Moral: Die Beziehung zwischen Sammler und Museum, Besitzer und Staat ist und bleibt eine sensible, vertrackte Angelegenheit. Brandenburger Alarmismus hilft da nicht weiter.