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Gangsta Paradise: Das Gaunerpärchen Irving (Christian Bale) und Sydney (Amy Adams) unterwegs mit Undercovercop Richie (Bradley Cooper)
© Tobis

"American Hustle": Die Mezzo-Sopranos

Und sie spielen Bonnie & Clyde: Christian Bale und Amy Adams in "American Hustle" beim Gaunern zuzusehen, ist ein großer Spaß. Das macht den Film zum flirrenden Balance-Akt zwischen Gut und Böser - wenn nicht gar zur späten Mutter aller Gangstermovies. Das liegt nicht zuletzt am herrlich versifften Handlungsort.

New Jersey hat einen miesen Ruf, gilt als dreckiger industrieller Hinterhof von New York City. Die Mafia fährt nach New Jersey, um ihre Leichen abzukippen. Aber es ist auch der Bundesstaat, aus dem Patti Smith und Bruce Springsteen stammen, es ist Philip-Roth- und Richard-Ford-Country. Und es ist die Heimat der „Sopranos“, der besten Fernsehserie weit und breit.

Und damit ist man schon mitten drin in „American Hustle“. David O. Russells melodramatische Gaunerkomödie spielt Ende der Siebzigerjahre und hat einen historischen Hintergrund. Der sogenannte Abscam-Skandal drehte sich um Korruption und Wirtschaftskriminalität: Das FBI lockte eine Reihe von Politikern in die Falle, indem die Agenten das Korruptionsszenario überhaupt erst aufbauten. Es war eine Art Charaktercheck: Du hast keinen Dreck am Stecken, aber wir werden dir zeigen, dass du ein mieser Typ bist und zugreifst, sobald das Bargeld dich anlacht.

Natürlich wurden damals keine großen Gangster gefasst, schon gar nicht die Mafiabosse. Es traf die Kleinen, die Stroh- und Mittelsmänner. Und die sind hier die Guten, die Sympathischen. Irving verdient sein Geld mit Waschsalons und Kunstfälschungen, eine tolle Kombination. Auch sein Haupthaar, das er kunstvoll wie ein Pop-Star frisiert, ist nicht mehr echt. Der Bauch aber ist extra angefuttert – so rundlich hat man Christian Bale noch nie gesehen. Als er Sidney trifft, kommt es zu einer Kettenreaktion. Die beiden verlieben sich und begreifen sofort, dass sie füreinander geschaffen sind – aus dem gleichen Stoff. Amy Adams spielt diese junge Frau, die immer attraktiver wird, je tiefer sie in die große, dunkle Sache hineinrutschen, mit einer tollen kriminellen Energie. Sidney ist umwerfend, die geborene Betrügerin und gemeinsam mit Irving unschlagbar.

Ein kleiner Bluff mit großen Folgen: Irgendwann belügt jeder jeden

Sie geraten in die Fänge eines irren Polizisten (Bradley Cooper), sie ziehen einen netten Bürgermeister in New Jersey mit, der an die einmalige Chance glaubt: mit arabischem Geld Spielcasinos in Atlantic City bauen. Neue Jobs, Infrastruktur, Wohlstand für viele. Der Film könnte auch heißen: „Der kleine Bluff und seine großen Folgen“.

Russells Thema ist Verrat. Und Freundschaft. Und Liebe. Sex am Rande auch – aber es geht um das, was lange dauert im Leben. Um die Kunst des Überlebens, was ohne Täuschung und Selbstbetrug nicht funktioniert. Der Oscar-Favorit „American Hustle“ nimmt sich 138 Minuten, um zwei Ziele zu erreichen: Präzision und Lockerheit. Beides geht nur, weil jede Figur eine Hauptfigur ist – auch Irvings Ehefrau Rosalyn (Jennifer Lawrence), eine blonde Zeitbombe, aber dann doch nicht blöd. Nur gierig aufs Leben, wie alle hier.

Mit der Musik von Duke Ellington, Donna Summer, Jeff Lynne weht eine hedonistische Brise durch dieses Sittenbild, das nichts anderes ist als eine zum Kinofilm verdichtete, epochale TV-Serie. Die Qualitäten von „Mad Men“ und den „Sopranos“ kehren auf die Leinwand zurück – woher sie einmal kamen. Elegantes, episches Erzählen, Zeitkolorit, Alltagsgefühl, emotionale, intelligente Identifikationsangebote: So ist das auch bei „American Hustle“. Underdogs und Aufsteiger, Schwindler und Spieler wie Irving und Sidney trifft man nicht nur einmal im Leben. Und immer wieder sehr gern.

8.2., 21.30 Uhr (Haus der Berliner Festspiele). Ab 13. Februar in den Kinos

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