Trotz MeToo-Diskussion: Die Lindenoper lässt Placido Domingo singen
Soll man Placido Domingo nach den #MeToo-Vorwürfen, die gegen ihn erhoben worden, ausladen? In Berlin ist er weiterhin willkommen.
Neun Frauen haben Placido Domingo vorgeworfen, sich ihnen gegenüber unangemessen verhalten zu haben. Das hat sowohl das Orchester von Philadelphia wie auch die Oper von San Francisco dazu bewogen, Auftritte des Künstlers abzusagen. Die Leitung der Berliner Staatsoper dagegen sieht keinen Anlass, verabredete Engagements des weltweit gefeierten Sängers zu streichen.
Auf Anfrage des Tagesspiegels hieß es aus der Oper knapp: "Die Auftritte finden wie geplant statt." Gemeint sind zwei Abende mit Giuseppe Verdis "La Traviata" im Januar 2020. In der Inszenierung von Dieter Dorn wird Placido Domingo als Padre Germont zu erleben sein.
Daniel Barenboim, den Chefdirigenten der Lindenoper, verbindet eine lange Freundschaft mit Domingo. Sowohl als Tenor wie auch nach seinem Wechsel ins Baritonfach ist der Sänger in den letzten beiden Jahrzehnten regelmäßig an der Staatsoper zu erleben gewesen, zuletzt als Verdis Macbeth und als Simon Boccanegra.
"Menschlich unverantwortlich", Auftritte abzusagen
Bei den Salzburger Festspielen war Placido Domingo am 25. August von seinen Fans gefeiert worden. Dort trat er in Verdis Frühwerk "Luisa Miller" auf. Die Präsidentin der Festspiele, Helga Rabl-Stadler, hatte schon unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe erklärt, sie sähe keine Veranlassung, Domingos Auftritte abzusagen.
Sie kenne den Künstler seit mehr als 25 Jahren und sei von Anfang an von seinem wertschätzenden Umgang mit den Mitarbeitern des Festivals beeindruckt gewesen, erklärte Rabl-Stadler. Sie finde es "sachlich falsch und menschlich unverantwortlich, zum derzeitigen Zeitpunkt endgültige Urteile und darauf beruhende Entscheidungen zu fällen".