"Life" mit Robert Pattinson auf der Berlinale: Die Kunst des Parasiten
Robert Pattinson spielt in "Life" den jungen Magnum-Fotografen Dennis Stock, der Künstler sein will und kein „Roter-Teppich-Gorilla“. Und dann James Dean trifft.
Film ist auch die Kunst der Relativierung: Jedes Bild wird laufend durch das folgende abgeschwächt. Fotografie dagegen schafft Denkmäler, Bilder, die so stehen bleiben dürfen und hinter die niemand mehr zurückkann.
„Jeder, der sich nach vorne lehnt und dabei cool aussehen will, kopiert doch James Dean“, hat Robert Pattinson in einem Interview über dessen berühmtestes Foto gesagt, auf dem der 24-jährige Dean sich in dunklem Mantel und mit Zigarette im Mund am Times Square dem schlechten Wetter entgegenstemmt. Hätte diese Geste nur in einem Film gespielt, wäre sie der Welt verloren gegangen. Zum Glück gibt es das Foto von 1955, aufgenommen von dem jungen Magnum-Fotografen Dennis Stock. Es ist das Foto geworden.
Robert Pattinson als Magnum-Fotograf
Robert Pattinson spielt in „Life“ ebendiesen Fotografen Stock. Stock, der Künstler sein will und kein „Roter-Teppich-Gorilla“. Der auf einer Party den scheuen Dean (Dane DeHaan) kennenlernt, mit dem er sich schnell einig ist, dass die Blitzlichter in der eitlen Filmwelt von Los Angeles „immer die Falschen“ treffen.
Fortan ringen die beiden um einen Fototermin. Stock sieht etwas in dem aufstrebenden Star, doch der weiß gar nicht, was er von dessen Bildern haben könnte. „Du glaubst doch nicht, dass ich von dir etwas kriegen kann, was ich nicht ohnehin bekäme“, sagt Dean zu dem Fotografen. Oh doch.
Wenn 111 Minuten Film um ein einziges Foto herum gedreht werden, ist etwas passiert. Welchen Anteil haben die Fotografien an dem, „was Dean geworden ist“? Wer bestimmt das Bild einer Person?
Anton Corbijn war selbst Fotograf - von U2 und den Rolling Stones
Diese Fragestellung ist natürlich ganz aus dem Leben des Regisseurs Anton Corbijn gegriffen: Corbijn, längst selbst Legende, hat als Fotograf von Musikern angefangen. Depeche Mode sagen: „Durch ihn haben wir eine Art Kultstatus erreicht.“ Er hat die Rolling Stones, U2 und Bono fotografiert. Und nun seinerseits einen Film ebendarüber abgeliefert: über einen Fotografen, der das Bild eines Künstlers definiert.
Deshalb kann auch niemand ein Dean-Porträt mit enzyklopädischem Ansatz erwarten. Wir blicken stattdessen durch Dennis Stocks Linse: Die begleitet Dean nach Hause zu der Farm, auf der er aufgewachsen ist. Im Auftrag des Magazins „Life“ entstehen Bilder des attraktiven Bauernjungen mit dem mutwilligen Blick vor einem Traktor, Dean beim Vorlesen auf dem Sofa, im Schweinestall, vor Landschaft ... Und während dieser Reise an die Ursprünge sehen wir, wie sich vor allem der Fotograf entwickelt, mit seiner Rolle ringt, von Dean lernt.
„Du glaubst noch immer, dass ich das Objekt dieser Expedition bin“, wirft Dean Stock an den Kopf. Wo es doch für jeden Künstler darum gehe, sich selbst zu finden. Dane DeHaan spielt Dean als einen ständig Seufzenden, latent droht ständig etwas auf der Kippe zu stehen bei ihm. Er rasselt mit allen aneinander – aber dass er sich selbst im Wege stünde, das wirft er seinem Fotografen vor.
James Dean: "Ich dachte du machst meine Karriere"
Der Glaube daran, jemand anderen „groß“ machen zu können, ist weit verbreitet unter Regisseuren, Produzenten und Fotografen. Diese Potenz-Vision kontrastiert zunächst einmal mit dem parasitären Charakter des Promi-Fotografen, der so lange nur ein Mitesser bleibt, bis er durch Qualität bewiesen hat, dass er aus sich selbst heraus eine eigene künstlerische Berechtigung hat. Erst wenn es den Fotografen, die sich Prominente zum Sujet gewählt haben, gelingt, dem Bild des Künstlers etwas Eigenes hinzuzufügen, erheben sie sich aus ihrem Status. Annie Leibovitz ist das gelungen – oder eben Anton Corbijn.
Über den erschien 2012 der Porträt-Film „Anton Corbijn – Inside Out“ von 2012. Darin sagt der Fotograf: „Der Weg, den man im Leben beschreitet, ist die Suche nach sich selbst.“ Und der Film „Life“ ist definitiv Teil der Strecke. Teil der Beschäftigung Anton Corbijns mit sich selbst.
„Ich dachte, du machst meine Karriere“, sagt im Film James Dean zu seinem Fotografen. – „Ich dachte, du machst meine“, erwidert der.
Bevor der echte James Dean noch herausfinden konnte, was er an diesen Bildern hatte, war er tot.
11.2., 9.30 Uhr (Haus der Berliner Festspiele), 14.2., 21.30 Uhr, (Friedrichstadt-Palast), 15.2., 18.30 Uhr (Friedrichstadt-Palast)