Film: Die Kämpferin
Von "Rosa Luxemburg" bis "Hannah Arendt": Die Filmemacherin Margarethe von Trotta, die am Dienstag ihren 70. Geburtstag feiert, ist eine Frau, die sich was traut.
Als Margarethe von Trotta ihren ersten Film ins Kino bringen wollte, hielten ihre Freunde, die netten Machos vom Münchener Filmverlag der Autoren, „Das zweite Erwachen der Christa Klages“, nur für fernsehtauglich. Die Geschichte der Annäherung einer Bankangestellten und einer Bankräuberin: Zu sehr Frauenthema und unsexy schien das Drama, in dem die junge Katharina Thalbach privat ermittelt und herausfindet, dass das geraubte Geld einem von der Schließung bedrohten Kindergarten zugute kommen sollte.
Margarethe von Trottas Filme sind von realen Vorfällen und Verhältnissen inspiriert. „Die bleierne Zeit“ erzählt von der RAF-Terroristin Gudrun Ensslin und ihrer Schwester Christiane, „Rosa Luxemburg“ von der Revolutionärin, die 1919 in Berlin ermordet wurde. Beide sind Gefängnisfilme, beide handeln vom Aufbruch aus Haft und Isolation – wichtiger noch: Sie kreisen um die wechselseitige Durchdringung des Politischen und Privaten. In all ihren Filmen interessiert sich die Regisseurin für die emotionale Sphäre ihrer im öffentlichen, politischen Feld agierenden weiblichen Filmfiguren.
Als Schauspielerin, Drehbuchautorin, junge Mutter und nach mehreren Kooperationen mit Volker Schlöndorff fand sie mit „Christa Klages“ zu den Leitmotiven ihres Werks, das heute auf fast dreißig Spielfilme umfasst.
1942 in Berlin als Tochter des Malers Alfred Roloff geboren, wuchs Margarethe von Trotta allein mit ihrer Mutter auf, einer baltischen Adligen. Spät erfuhr sie von einer Schwester, die bei Pflegeeltern lebte. Nach einer Jugend in Düsseldorf kam sie im Paris der sechziger Jahre mit dem Filmen von Ingmar Bergman, Michelangelo Antonioni und dem Kino der Nouvelle Vague in Berührung. Der Wunsch, selbst Regie zu führen, war damals so gut wie unrealisierbar für eine junge Frau. Margarethe von Trotta studierte Romanistik, nahm Schauspielunterricht, debütierte am Theater und kam in diversen Rollen mit den jungen Wilden des Neuen deutschen Films in Kontakt. Bei Herbert Achternbusch und Rainer Werner Fassbinder spielte sie die zarten Persönchen, die ihre exzentrischen Auftritte eher minimalistisch absolvierten.
Erst 1977 war Margarethe von Trottas Zeit gekommen. Sie befreite sich vom Patronat ihres damaligen Ehemanns Volker Schlöndorff: Bei „Der Fangschuss“ und „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ war sie als Co-Autorin beziehungsweise Co-Regisseurin nicht gewürdigt worden. Die großen Fragen der Emanzipation und Anerkennung eigenständiger weiblicher Kreativität hatten damals längst auch privat an Trennschärfe gewonnen. 1981 feierte sie mit „Die bleierne Zeit“ ihren größten Triumph, beim Filmfest Venedig erhielt sie den Regiepreis dafür – am Lido erhielt Katja Riemann 2003 auch den Darstellerinnenpreis für Trottas NS-Widerstandsdrama „Rosenstraße“. Heftig angegriffen von der deutschen Filmkritik zog sich die Regisseurin einige Jahre nach Italien zurück, drehte in den neunziger Jahre fürs Fernsehen, unter anderem eine Adaption von Uwe Johnsons „Jahrestage“. Ihre jüngsten Leinwandheldinnen: Hildegard von Bingen in „Vision“ und – gerade abgedreht – „Hannah Arendt“, auch sie gespielt von Barbara Sukowa. Der Film kommt im Herbst in die Kinos. Am heutigen Dienstag feiert Margarethe von Trotta, die unerschrockene Kämpferin, ihren 70. Geburtstag. Claudia Lenssen
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