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Kultur: Die Hansestadt feiert dänische und norddeutsche Freilichtmalerei

Manchmal braucht es einen großen Rahmen und einen berühmten Namen, um den Blick auf unbekannte Schätze zu lenken. Das gilt für die Bilder dänischer und norddeutscher Landschaftsmaler aus der ersten Hälfte des 19.

Manchmal braucht es einen großen Rahmen und einen berühmten Namen, um den Blick auf unbekannte Schätze zu lenken. Das gilt für die Bilder dänischer und norddeutscher Landschaftsmaler aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die zur Zeit unter dem Titel "Im Lichte Caspar David Friedrichs" in der Hamburger Kunsthalle zu sehen sind. Bereits 50 Jahre vor den Impressionisten zogen diese Künstler ins Freie, um gesehenes Licht in gemalte Farbe zu verwandeln. Die Ausstellung ist Teil des ganzjährigen Festivals "Danmark til Hamborg - Dänische Kultur zu Gast 2000". Sie zeigt zum ersten Mal - und das ist angesichts der historischen und kulturellen Verflechtungen beider Länder erstaunlich - die enge Verwandtschaft zwischen der Malerei des dänischen Goldenen Zeitalters und der norddeutschen Romantik. Die Schau ist in Kooperation mit Museen in Ottawa und Kopenhagen entstanden. Wichtigste Leihgeber neben dem Kopenhagener Statens Museum for Kunst sind die Nationalgalerie Berlin und die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht Caspar David Friedrich - obwohl der gar nicht im Freien gemalt hat, sondern im Atelier. Uwe M. Schneede, Direktor der Hamburger Kunsthalle, begründet die Gewichtung damit, dass Friedrichs Bilder sich durch die selben Charakteristika auszeichnen wie die der Freilichtmaler: die Liebe zur Genauigkeit und das Erlebnis des Naturlichts. Doch ausgerechnet bei den Friedrich-Bildern waren manche Leihgeber knauserig. Sieben der zwölf Werke aus dem Ausstellungskatalog wurden nicht nach Hamburg entliehen. Die Kunsthalle hat aus der Not eine Tugend gemacht und die Lücken mit Exponaten aus der eigenen Caspar-David-Friedrich-Sammlung gefüllt. Auch die "Ränder" der Ausstellung, so Schneede, werden für einen "Dialog mit der Sammlung" offen gehalten.

Betritt der Besucher die Ausstellungsräume, werden Kulturfestival und Lockvogel Caspar David eher unwichtig. Bilder von 35 weiteren Malern sind zu entdecken: die postkartengroße Ölskizze Johan Christian Dahls "Zwei Türme Kopenhagens gegen den Abendhimmel" (1837), die vor allem Wolken zeigt, ebenso wie das großformatige Gemälde "Einer der kleineren Türme von Schloss Frederiksborg" (1834/35) von Christen Köbke. Bei beiden Bildern verblüffen die ungewohnten Blickwinkel, aus denen die Türme gemalt sind. Auch Stadtlandschaften sind Thema der Freilichtmaler. Eine detailgetreue Ansicht der preußischen Hauptstadt zur Biedermeierzeit gibt das "Panorama von Berlin vom Dach der Kirche von Friedrichswerder" (1836) von Eduard Gaertner wieder, dem bedeutendsten Berliner Architekturmaler. Die Kunsthalle zeigt drei von ursprünglich sechs Teilen der zweiten Fassung dieses Panoramas; die erste Version befindet sich im Berliner Schinkel-Pavillon.

Treffpunkt für norddeutsche und dänische Maler ist um 1830 vor allem die Kopenhagener Akademie, damals ein bedeutendes Kunstzentrum. Dort lehrt der von Paris beeinflusste Christoffer Wilhelm Eckersberg, die Malerei auf einem genauen Studium der Natur aufzubauen und das Nächstliegende, scheinbar Unbedeutende zum Motiv zu machen. Sein Schüler Martinus Römrbye setzt dies bei seinem "Blick aus dem Fenster des Künstlers" (ca. 1925) um, bei dem hinter dem Stilleben des mit Blumentöpfen voll gestellten Fensterbretts ein Teil des Kopenhagener Hafens sichtbar wird. Caspar David Friedrich, der schon in den Jahren von 1794 bis 1798 in Kopenhagen studiert hat, bildet zusammen mit dem Norweger Dahl, mit dem er in Dresden in einem Haus lebt, den romantischen Gegenpol zur realistischen Schule Eckersbergs.

Beliebtes Ziel dänischer und deutscher Maler ist Rom. So konkurriert nordisches Licht in der Hamburger Ausstellung mit dem Licht des Südens. Aus- und Durchblicke, sei es durchs Fenster, durch Torbögen oder zwischen Säulen hindurch, gehören zu den immer wiederkehrenden Motiven der Freilichtmaler. Und die Wolkenstudien - diesem luftigen Sujet ist ein ganzes Kabinett gewidmet. In der ausschließlichen Konzentration auf die ziehenden Wolken haben Köbke und Dahl das Flüchtige der Stimmung und des Lichts eindrucksvoll eingefangen.

Ein sehr persönliches Bild des Freilichtmalers Johan Thomas Lundbye (1818-1848) gibt das Altonaer Museum. Das Haus pflegt traditionell enge Beziehungen zu Dänemark, stand doch Altona zwischen 1640 und 1864 unter dänischer Herrschaft und avancierte sogar zur zweitgrößten Stadt im dänischen Gesamtstaat. Der jung verstorbene Lundbye, der sowohl von Dahl als auch von Köbke beeinflusst wurde, zählt in Dänemark zu den anerkannten Meistern des Goldenen Zeitalters. In Deutschland bleibt der "Erfinder der dänischen Nationallandschaft" noch zu entdecken. Dies ermöglicht die biografisch hervorragend aufbereitete Schau mit rund 220 Zeichnungen und Aquarellen sowie zahlreichen Zitaten aus Tagebüchern und Briefen, die in Zusammenarbeit mit der Hirschsprungschen Sammlung Kopenhagen entstanden ist. Lundbyes Spezialität ist die Nahsicht. Besonders bei seinen Tier- und Pflanzenstudien, den Skizzen von Kühen, Schafen und Zweigen, gelingt es ihm, im Kleinen das Große aufzuspüren. Lundbyes Arbeiten, betitelt beispielsweise "Das kleine schwarze Lamm, an dem Tag, als es starb" (1838), verbinden exaktes Naturstudium mit romantischer Innerlichkeit.

Nie ging Lundbye ohne Skizzenbuch aus. Im Altonaer Museum darf der Besucher in sieben rekonstruierten Skizzenbüchern aus den Jahren 1837 bis 1847 blättern. Zu bewundern sind auch Landschaftsskizzen in einem ungewöhnlichen Breitformat aus Lundbyes "liebem, langen Buch", einem alten Rechnungsbuch, das ihm eine seiner unglücklichen Lieben schenkte. Entgegen der zeitgenössischen Norm waren die Papierarbeiten für Lundbye vollgültige Kunstwerke - eine moderne Auffassung. Befremdlich wirken auf den heutigen Betrachter hingegen die süßlichen Zeichnungen von Zwergen und Trollen, auf denen sich der "Erzromantiker" mit dem Zwerg Sindre aus der "Edda" identifiziert. Lundbye fällt 1864 als Freiwilliger im Schleswig-Holsteinischen Krieg, noch bevor er an die Front kommt - getroffen von einer versehentlich ausgelösten Kugel.Kunsthalle Hamburg, bis 26. März. Katalog 39 Mark. Altonaer Museum, Hamburg, bis 24. April. Katalog in dänischer Sprache 90 Mark, deutschsprachige Kurzfassung 25 Mark.

Ira Lorf

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