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Der nigerianische Schriftsteller Chinua Achebe ist im Alter von 82 Jahren gestorben, dass teilte am Freitag sein Verlagshaus mit.
© Reuters

Nachruf auf Chinua Achebe: Die gewendete Sprache

Chinua Achebe gehörte zu den meistgelesenen Autoren Afrikas, mit seinem Roman "Things Fall Apart" gilt er als Vater der modernen afrikanischen Literatur. Ein Nachruf.

Als 1958 sein Roman „Things Fall Apart“ veröffentlicht wurde, avancierte Chinua Achebe zum meistgelesenen Schriftsteller des afrikanischen Kontinents, gewissermaßen zum Vater der modernen afrikanischen Literatur. Achebe erzählt darin in englischer Sprache die Geschichte einer Ibo-Dorfgemeinschaft, die voller gegenwärtiger Turbulenzen und Konflikte steckt, aber auch voller historischer Überlieferungen und gelebter Erinnerungen. Dieser in mehr als 50 Sprachen übersetzte und mehr als 10 Millionen Mal verkaufte Roman bedeutete dann auch die Initialzündung für einen großen Teil der englischsprachigen afrikanischen Literatur. Bei Erscheinen von „Things Fall Apart“ (deutsch:. „Okonkwo oder das Alte stürzt“, eine Neuausgabe erschien 2012 unter dem Titel "Alles zerfällt") war Achebe, der 1930 im ostnigerianischen Ogidi als Sohn eines Priesters geboren wurde, 28 Jahre alt; damals hatte er gerade ein Studium hinter sich und arbeitete bei dem von ihm mitbegründeten Rundfunk Nigerias. Das Englische hatte er in einer Schule gelernt, die nach dem Vorbild der britischen Public Schools aufgebaut war; hier las er haufenweise Abenteuerbücher britischer Autoren, Klassiker wie „Die Schatzinsel“ „Oliver Twist“ oder „Gullivers Reisen“.

„Zu Anfang sah ich mich mich überhaupt nicht als Afrikaner“, erinnerte er sich später. „Ich ergriff Partei für die Weißen gegen die Wilden. Mit anderen Worten, in meinen ersten Schuljahren dachte ich, dass ich bei den haarsträubenden Abenteuern mit knappen Ausgang zu den Weißen gehörte. (...) Aber es kam der Zeitpunkt, an dem ich alt genug war zu erkennen, dass diese Schriftsteller mich übertölpelt hatten.“ Trotzdem verwehrte Achebe sich dagegen, „enteignet“ worden zu sein, nur weil er darauf beharrte, auf Englisch seine Bücher zu verfassen. Nicht zuletzt, weil er und sein Volk die Sprache der Kolonialherren benötigten, „um unsere eigenen Angelegenheiten zu regeln, einschließlich derjenigen, den Kolonialismus selbst im Lauf der Zeit zu stürzen.“ Das passierte in Nigeria 1960, da wurde das Land unabhängig, Achebe aber geriet auch mit den neuen Machthabern immer wieder in Konflikt.

Während des nigerianischen Bürgerkriegs von 1967-1970 war er Sonderbotschafter für die „Republik Biafra“, die sich von Nigeria lösen wollte. In den siebziger Jahren lehrte er Literaturwissenschaft an der Universität Nsukka und gründete die Literaturzeitschrift „Okike“. Nach einem schweren Verkehrsunfall, der ihn an den Rollstuhl fesselte, siedelte er 1990 in die USA über. 2002 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 2007 den Man Booker International Prize. Am Vorabend der Friedenspreisverleihung äußerte er sich auch zur damaligen US-Außenpolitik und dem später folgenden Krieg gegen den Irak: „Es gibt andere Kriege in dieser Welt, die geführt werden müssen: der Krieg gegen Aids, der Krieg gegen die Armut – oder der Krieg gegen den Analphabetismus.“ In der Nacht zum Freitag ist Chinua Achebe im Alter von 82 Jahren in einem Krankenhaus in Boston gestorben.

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