Berliner Kulturpolitik in Coronazeiten: Die Bühnen bleiben zu
Im Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses kann Senator Klaus Lederer den Politikern wie den Vertretern der Künstler wenig Hoffnung machen.
„Einen Tag X wird es mit mir nicht geben!“ Im Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses macht Klaus Lederer am Montagnachmittag unmissverständlich klar, dass er nicht in die Konkurrenz mit jenen Bundesländern eintreten wird, die jetzt konkrete Daten für die Eröffnung der Theater und Konzerthäuser festgelegt haben.
In der nächsten oder übernächsten Woche soll der Spielbetrieb in Nordrhein-Westfalen, in Hessen und Sachsen-Anhalt sowie in Thüringen und Baden-Württemberg wieder anlaufen können. In der Hauptstadt dagegen ist die Saison definitiv und unwiderruflich beendet. Bis zum 31. Juli gilt für Live-Darbietungen der darstellenden Kunst und Musik in geschlossenen Räumen weiterhin der Lockdown.
Vehementer als man das vom chronisch gutgelaunten Kultursenator gewöhnt ist, agiert Klaus Lederer in der ersten Sitzung des Kulturausschusses seit dem 9. März. „Der Wettstreit, wer am schnellsten wieder aufmacht, macht mich nervös“, sagt er. Und er nennt jene seiner Ressortkollegen, die sich daran beteiligen, „verantwortungslos“.
Denn der Schaden könnte enorm sein, warnt Lederer, wenn übereilt geöffnete Konzertsäle und Theatersäle zu Corona-Hotspots werden: Dann nämlich werden die Leute langfristig Angst haben, diese Kulturorte zu besuchen.
Drei Künstlervertreterinnen werden angehört
Enorm ist der Redebedarf bei den Parlamentariern nach der zehnwöchigen Zwangspause, die Sitzung wird um 40 Minuten überzogen, weil sich die Politiker fraktionsübergreifend nicht kurz zu fassen vermögen. Und auch die drei zur Anhörung geladenen Verbandsvertreterinnen holen in ihren Statements weit und grundsätzlich aus, Janina Benduski, die Vorsitzende des Bundesverbands Freie Darstellende Künste, Silvia Fehrmann, die Sprecherin des Rates der Künste sowie Zoë Claire Miller, die den Berufsverband bildender Künstler Berlin vertritt.
Vergeblich jedoch werden sie Planungsperspektiven mit konkreten Zeiträumen einfordern - und auch für ihre Idee, die Krise als Chance zu begreifen und jetzt endlich all jene strukturellen Ungerechtigkeiten aufzulösen, an denen die Freie Szene der Hauptstadt seit langem krankt, kann ihnen Klaus Lederer wenig Hoffnung machen.
Denn deutlich mehr Geld für die Kultur wird es künftig nicht geben. Weil die Stadt zu meinen auf eine neue Rekordverschuldung zusteuert, und weil zum anderen allein bei den bereits jetzt schon von Ledereres Verwaltung geförderten Institutionen in diesem Jahr Einnahmedefizite von 60 Millionen Euro auflaufen werden. Bei optimistischer Schätzung.
Berlin half Soloselbständigen am schnellsten
Klaus Lederer verweist gleichzeitig aber auch darauf, dass Berlin als erstes Bundesland ein Soforthilfeprogramm für Soloselbständige aufgelegt hat. Binnen fünf Tagen wurde Ende März ein dreistelliger Millionenbetrag an jene ausgeschüttet, die die Krise am Härtesten trifft: „Das geht kein zweites Mal.“ Aktuell wird in der Kulturverwaltung geprüft, wie die 30 Millionen Euro möglichst gerecht verteilt werden können, die Lederer beim Finanzsenator für die privaten Kulturveranstalter rausgeholt hat. In der kommenden Woche sollen die Summen fließen, an lauter Akteure, mit denen er bislang in Geldfragen keinen Kontakt hatte, weil sie finanziell stets allein über die Runden kamen.
"Spielstraßen" für Künstler
Bei den Abgeordneten stößt vor allem die Idee des Rats für die Künste auf Zustimmung, Berlin zur „Draußenstadt“ zu machen. Freiflächen und Parks, Plätze und Brachen könnten im Sommer zu „Spielstraßen“ für Künstler werden, findet Silvia Fehrmann
Viele, viele Open Airs wünscht man sich am Montag über alle Parteigrenzen hinweg – und hofft darauf, dass die zuständigen Bezirksämter vermitteln werden, wenn Anwohner auf die Einhaltung der Lärmschutzregeln pochen. Bei der letzten Fußball-WM habe es da schließlich auch gerichtlich bestätigte Ausnahmen gegeben.
Kann Klaus Lederer der Kulturszene an diesem Montag im Abgeordnetenhaus überhaupt Hoffnungen machen? Ein „Bausteinprogramm für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs“ in der neuen Saison kündigt er an sowie eine Strategie für Corona-Tests bei Bühnenkünstlern. Mehr nicht.
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