Leserdebatte: Die besten Rock-Platten aller Zeiten
Rock 'n Roll ist keine Musikrichtung. Rock 'n Roll ist eine Lebenseinstellung. – Musikliebhaber H.P. Daniels stellt zur Berlin Music Week seine Top Ten der besten Rockalben zur öffentlichen Debatte. Kommentieren und diskutieren Sie mit!
10. The Byrds - Sweetheart Of The Rodeo (August 1968)
1968 galt Country-Musik in Kreisen zornig aufbegehrender junger Rockfans und Hippies noch als schwer konservativ, hinterwäldlerisch und "uncool". Bis die Byrds mit Gram Parsons als neuem Mitglied ihr markantes zwölfsaitiges Dingel-Dängeln und späteren Spacerock umfärbten zu purer Countrymusik mit dominanter Pedal-Steel-Gitarre, Banjos, Fiddles und Akustikgitarren. Dieses Album bahnte den Weg für Gram Parsons "Cosmic American Music", für die Flying Burrito Brothers, Emmylou Harris, Elvis Costello, Lucinda Williams. Bis zum "Alt.Country" von Uncle Tupelo, The Jay-hawks, Wilco, Whiskeytown, Ryan Adams und unzähligen anderen.
9. The Band - Music From Big Pink (Juli 1968)
In einer Zeit ausufernder psychedelischer Experimente war es der natürliche, ländliche zurück-zu-den-Wurzeln-Holzhaus-Veranda-Sound dieses Albums von Bob Dylans Begleitband, die den mit der eigenen Musik desillusionierten Eric Clapton derart begeisterte, dass er daraufhin Cream auflöste, um nach neuen musi-kalischen Wegen zu suchen. Wo es mehr um bodenständige Songs ging und um die Freude am gemeinsamen Musik-machen als um die Virtuosität einzelner Superstars, die sich versuchen gegenseitig mit ihren Soli auszustechen. "Music From Big Pink" und das Nachfolgealbum "The Band" sind bis heute stilprägend für junge bärtige Americana-Roots-Bands. (Felice Brothers etc.)
8. Led Zeppelin - IV (November 1971)
Mit ihrem außerordentlichen Sinn für Dynamik, den harten, rhythmisch verzwirbelten Gitarrenriffs von Jimmy Page, John Bonhams knalligem Schlagzeug, John Paul Jones' präzisen Bassläufen und Robert Plants hysterisch überdrehter Blues-Stimme und ihrer außer-gewöhnlich arrangierten Mischung aus Blues, Folk, Rock 'n' Roll und orientalischen Einflüssen ließen sich Led Zeppelin nie reduzieren auf das simple Genre Hardrock, geschweige denn "Heavy Metal". Ihr besonderer Reiz lag im Kontrast messerscharfer elektrischer Hartblues-Sounds und keltisch angehauchter Folk-Songs mit akustischen Gitarren und Mandolinen. Ohne den immensen Einfluss von Led Zeppelin würden die "White Stripes" und unzählige andere Bands nicht existieren.
7. Cream - Disraeli Gears (November 1967)
Cream beendeten die Ära der britischen "Beat"-Bands. Aufgepulvert mit Lautstärke, Verzerrung, Wah-Wah-Pedalen und wilden Improvisationen hat die "Supergroup" der drei Virtuosen Clapton, Bruce und Baker den Blues psychedelisiert. Hochspannungsrock mit Jazzelementen, bei dem Gitarre, Bass und Schlagzeug als gleichberechtigte Instrumente fungieren. Ihr zweites Album wurde ihr Meisterwerk! Und dann kam Jimi Hendrix.
6. Van Morrison - Moondance (Februar 1970)
Nach dem außergewöhnlichen, frei fließenden kammermusikalischen Jazz/Folk-Album "Astral Weeks" mit kleiner Jazzcombo und Streichquartett brilliert der "Belfast Cowboy" hier mit einer nicht minder berauschenden Mixtur aus Rhythm 'n' Blues, Country, Folk, swingendem Jazz und Soul und zeigt mit seiner unglaublich variablen und expressiven Stimme, dass er einer der besten Rocksänger aller Zeiten ist.
Lesen Sie auf Seite zwei wer für H.P. Daniels an der Spitze des Rock-Olymps steht.
5.The Jimi Hendrix Experience - Electric Ladyland (Oktober 1968)
Das dritte und letzte Album der Jimi Hendrix Experience präsentiert Hendrix auf dem Höhepunkt seiner musikalischen Brillanz. Er hat es allen gezeigt: was möglich ist auf einer elektrischen Gitarre, die so klang als wäre sie Teil seines Körpers, Teil seiner Seele, Ausdruck all seiner Wahrnehmungen und Empfindungen. Er hat einen Sound geschaffen, der bis heute Inspirationsquelle ist für jeden Rockgitarristen.
4. The Kinks - Are The Village Green Preservation Society (November 1968)
In der Zeit jugendlichen Aufbegehrens und psychedelischer Experimente fanden Ray Davies' wehmütige Songs über Kindheitserinnerungen, Vergänglichkeit, das Älterwerden und die Vorzüge ländlicher Idyllen und Traditionen kaum Gehör. Die einst überaus populären Kinks galten damals plötzlich als schrullig. In den folgenden Jahrzehnten allerdings haben sich die "Sozialkommentare" zu betörender Musik als zeitlos erwiesen. Der enorme Einfluss auf jüngere Bands wie Blur, Radiohead, Franz Ferdinand ist unüberhörbar.
3.The Rolling Stones - Exile On Main Street(Mai 1972)
Unter widrigen Bedingungen im feuchten, düsteren Keller von Keith Richards' damaligem Exil an der Côte d'Azur aufgenommen, gelang den Stones mit diesem Doppelalbum ihr Meisterwerk. Blues, R&B, Boogie, Gospel, Country und Soul mit einem wunderbar schlickig schmutzigen Sound.
2.The Beatles - Revolver (August 1966)
Nach dem brillanten Vorgängeralbum "Rubber Soul" gelang den "Fab Four" mit ihrem 7. Album ein noch größerer Wurf. Mit exquisiten Kompositionen von melodischer Raffinesse ("For No One") bis zum einfachen Kinderlied ("Yellow Submarine"), mit abwechslungsreichen Instrumentierungen vom Streichquartett ("Eleanore Rigby") über George Harrisons Sitar ("Love You To") bis zu Tamla-Motown-Bläsern ("Got To Get You Into My Life"). Durch jede Menge aufregender Klangtüfteleien wie rückwärtsgespielte Gitarren und sphärische Soundeffekte ("I'm Only Sleeping") wurden die Beatles mit "Revolver" zu Pionieren der "psychedelischen" Ära. Nicht nur Oasis haben hier ihre Lektionen gelernt.
1.Bob Dylan - Highway 61 Revisited (August 1965)
Mit seinem 6. Album hatte Bob Dylan 1965 endgültig den Wandel vollzogen vom akustischen Folk/Protestsänger zum elektrischen Rockpoeten. Die zornigen Phrasierungen, seine außergewöhnliche Näselstimme, die eindringliche Poesie amphetamingeladener "Bewusstseinsstrom"-Texte in surrealistischer Bildsprache, der schmutzige Orgel/Piano/E-Gitarren-Sound einer bluesgrummelnden Begleitband und Songs wie "Like A Rolling Stone", "Ballad Of A Thin Man" und "Desolation Row" haben Maßstäbe gesetzt für die Ewigkeit.