Eagles Of Death Metal: Die Band aus dem Bataclan
Sie spielten während der Anschläge in Paris im Bataclan-Konzertsaal. Wofür steht die US-Rockband Eagles of Death Metal? Sie spielen Stoner Rock, sind sophisticated und stumpf. Ihr Bandleader Jesse Hughes ist überzeugter Republikaner.
Als in dieser schrecklichen Pariser Nacht das erste Mal die Rede von Anschlägen auf einen Club und während eines Konzerts die Rede ist, von der Geiselnahme von weit über 100 Menschen, herrscht noch viel Unklarheit darüber, was für eine Band denn im Bataclan-Theater eigentlich gespielt hat. Von einem Metal-Konzert sprechen die TV-Korrespondenten, auf CNN heißt es in dem unten im Bild laufenden News-Streifen, es sei die amerikanische Rockband Eagles Of Death, und nur Fans dieser nicht gerade bekannten, mehr der Indie-Welt angehörenden, genauer: Stoner Rock spielenden Band wissen da, dass es sich dabei nur um die aus dem kalifornischen Palm Desert stammenden Eagles Of Death Metal handeln kann.
Wie absurd: ein Terroranschlag auf ein Konzert der Eagles Of Death Metal! Im Herzen eines Pariser Ausgehviertels, vergleichbar vielleicht mit Friedrichshain. Bei dem Auftritt einer Band, die keine Riesenhallen füllt, höchstens die kleinen Clubs, in Berlin Clubs wie das Lido oder das Astra. Die in Paris aber vor immerhin 1500 Leuten gespielt hat, fünf Stücke, bis zu Beginn des sechsten Songs die vier Attentäter in den Club eindrangen und wahllos um sich schossen.
Sex, Drogen, Rock`n’ Roll, harte Männer, vollbusige Frauen, mittendrin der Teufel
Gegründet wurde die Band Ende der Neunzigerjahre, ihr erstes Album mit dem Titel „Peace Love Death Metal“ erschien 2004. Die beiden wichtigsten Bandmitglieder sind der Frontmann Jesse Hughes und der Schlagzeuger Josh Homme, die sich seit ihrer frühen Kindheit kennen. Für Homme waren die Eagles Of Death Metal jedoch immer nur ein Seitenprojekt. Er verschaffte der Band aber einen gewissen Bekanntheitsgrad, nicht zuletzt, weil sie einen ähnlich stumpfen und unkaputtbaren, leicht psychedelischen, ansatzweise melodiösen und auch lässigen Boogie- und Theken-Rock spielt, so wie die ungleich bekannteren Bands von Josh Homme: die lange aufgelösten Kyuss und die immer noch existierenden Queens Of The Stone Age. Kurzum: Stoner Rock. Eine Sorte von Rock, die musikalisch klar zu verorten ist.
"Zipper Down"
Das dazugehörige Zeichensystem aber ist schon etwas schwerer zu entziffern. Mit den Rock-und Metal-Essentials wird hier wild und genauso ironisch wie indifferent herumgespielt: Sex, Drogen, Rock`n’ Roll, harte Männer, vollbusige Frauen, mittendrin der Teufel. Willkommen in der White-Trash-Hölle, die ist hier Ideal wie der Schrecken schlechthin. Schön zu sehen auf dem Cover des jüngsten Eagles-Of-Death-Metal-Album „Zipper Down“. Eine barbusige Frau in schwarzen Lederklamotten ist darauf zu sehen. Ihre Hand im Schritt, die Finger zum Metalgruß gespreizt, mit Zeigefinger und dem kleinen Finger die Hörner des Stiers nachahmen, und statt ihrer Brustwarzen sieht man die Konterfeis von Jesse Hughes und Josh Homme. Nicht immer ist klar, ob sich die Eagles Of Death Metal einen Spaß daraus machen und das Genre an sich perfekt ironisieren – oder ob sie nicht auch selbst ganz schön stumpfe Gesellen sind. Cool, aber blöd.
Jesse Hughes über Barack Obama: „Er ist ein Kommunist, ein absoluter Kommunist."
Tatsächlich ist das eigentliche Mastermind der Band, der 1972 geborene Jesse Hughes, ein höchst zwiespältiger Mensch: Anhänger der republikanischen Partei, für deren Politiker er Wahlkampfreden geschrieben haben soll, noch immer strammer Fan von Ronald Reagan und George Bush jr, neuerdings Unterstützer von Donald Trump, dem vielleicht am weitesten rechts außen agierenden Präsidentschaftkandiaten der USA für 2016. Dazu ist Hughes Mitglied einer sogenannten Universellen Lebenskirche und, schlimmer noch, der National Rifle Association, der Waffenvereinigung der USA. 2009 sagte Hughes in einem Interview mit dem Online-Musikmagazin „laut.de“ über Barack Obama: „Ein leichtfüßiger, kommunistischer Cocksucker wie er wird Amerika nicht großartig schaden. Das lassen wir nicht zu. Ich garantiere dir jetzt schon, dass er das Militär öfter einsetzen wird als jeder Präsident vor ihm. Er wird die Steuern erhöhen und das Weltengefüge derart destabilisieren, dass wir noch anfälliger für Terroranschläge werden als bisher.“
Ähnliches äußerte er zwei Jahre später gegenüber einem kanadischen Männermagazin, danach gefragt, ob die Band eine politische Botschaft habe: „Ja, aber nur korrekte Politik. Ich liebe Reagan. Kommunismus sucks“. Er gesteht dann zwar ein, dass Rockmusiker sich vielleicht nicht unbedingt dazu eignen, politische Botschaften zu senden, sagt dann aber doch wieder Sätze wie: „Wenn Rock’n’Roller aufhören würden, Republikaner und Christen für alles Schlechte verantwortlich zu machen, hätten wir eine bessere Welt.“ Oder, wieder über US-Präsident Barack Obama: „Er ist ein Kommunist, ein absoluter Kommunist. Tatsächlich ist er ein Verbrecher. (...) Er ist der weißeste schwarze Kerl, den ich in meinem Leben gesehen habe.“
Ein Album als Antwort auf den Terrorismus?
Nicht ganz so eindeutig, wieder mehr auf der ironischen Spaßebene agierend, gaben sich Hughes und auch Josh Hommer, als sie vor kurzem vom US-„Rolling Stone“ anlässlich der Veröffentlichung ihres vierten Albums „Zipper Down“ interviewt wurden. Von „Unruhen im Mittleren Osten“ sprechen sie da verschwommen, von einem Näherzusammenrücken und dass es deshalb nach siebenjähriger Bandpause wieder ein Eagles-Album habe geben müssen. „Im Grunde ist ’Zipper Down’ also die Antwort der Eagles Of Death Metal auf den Terrorismus?“, fragt der „Rolling Stone“ dann, worauf Josh Homme antwortet:„Yeah. Wir veröffentlichen ein Album und die Menschenrechte werden besser, die Welt fühlt sich besser an, die Leute verdienen mehr Geld, da ist weniger Angst, mehr Respekt für Frauen und Homosexuelle, alle sind netter zueinander, und das war für uns der Zeitpunkt die Heilung beginnen zu lassen.“
Es war ein Zufall
Zynismus? Erneut schön ironische Großspurigkeit, kleine Band, große Politik? Genervte Fuck-You-Haltung? In jedem Fall haben die Frage des Magazins und Hommes Antwort darauf im Nachhinein etwas Erschreckendes, eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, nicht zuletzt die anscheinend eiserne rechtsnationale Gesinnung von Jesse Hughes – als seien die Terrorattacken in Paris die unmittelbare Antwort darauf.
Aber ob die Attentäter wirklich von den politischen Ansichten der Eagles-Of-Death-Mitglieder wussten, die Mischung aus tatsächlicher Haltung, Provokation und Sophistication verstanden, die Band überhaupt kannten? Man muss wohl davon ausgehen, dass an diesem Abend der Zufall regiert hat, dass es jede x-beliebige Band im Bataclan-Theater hätte treffen können. Dass die Anschläge das gesamte westliche Wertessystem zum Ziel hatten, eine Lebensweise, die gerade auch Bands wie die Eagles Of Death Metal möglich macht. Die Band konnte sich aus einer Hintertür des Clubs retten – und Jesse Hughes wird sich in seiner politischen Gesinnung nur bestätigt sehen.