Serebrennikows Fall bewegt die Kulturszene: Deutsche Unterstützung für verhafteten Regisseur
Ermittler und Staatsanwaltschaft haben Hausarrest für den russischen Regisseur Kirill Serebrennikow gefordert - wegen Fluchtgefahr.
Im Fall des russischen Regisseurs Kirill Serebrennikow haben Ermittler und Staatsanwaltschaft Hausarrest gefordert. Es bestehe Fluchtgefahr, argumentierten die Behördenvertreter am Mittwoch vor dem Haftrichter in Moskau. Wegen des Verdachts, rund eine Million Euro Subventionen unterschlagen zu haben, war Serebrennikow am Dienstag festgenommen worden. Der Regisseur wies unterdessen alle Vorwürfe zurück und verlangte seine Freilassung. Sein Verteidigung beantragte, Serebrennikow gegen eine Kaution in Höhe des angeblichen Schadens auf freien Fuß zu setzen. „Hausarrest ist eine unbegründet harte Maßnahme, die es mir nicht erlaubt, meine Arbeit fortzusetzen“, sagte der Regisseur. Im Gerichtssaal riefen Zuschauer: „Lasst Kirill frei!“. Vor dem Gebäude hatten sich Hunderte Menschen versammelt, um eine Freilassung zu fordern.
Zahlreiche russische Kulturschaffende erklärten sich bereit, für Serebrennikow zu bürgen, darunter die Witwe des Literaturnobelpreisträgers Alexander Solschenizyn, Natalja Solschenizyna, die Schriftstellerin Ljudmila Ulitzkaja sowie die Regisseure Fjodor Bondartschuk und Jewgeni Mironow. In einer Online-Petition forderten bislang 14 000 Menschen ein Ende des Verfahrens.
Unterstützung aus der Komischen Oper
In Berlin hat sich die Komische Oper zu Wort gemeldet. Man sei bestürzt über die Festnahme, sagte Intendant Barrie Kosky: „Kirill Serebrennikow haben wir durch zwei Inszenierungen bei uns an der Komischen Oper Berlin kennengelernt. Seine Arbeit ist unabhängig, intelligent und setzt sich vielfach kritisch und hoch virtuos mit den bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zuständen auseinander. Seine Arbeit findet im Moskauer Gogol-Zentrum – einem der wenigen verbliebenen Orte freier Meinungsäußerung im heutigen Russland – großen Zulauf.“ Die Verhaftung, der bisherige Höhepunkt einer Reihe von staatlich veranlassten Maßnahmen gegen erfolgreiche künstlerische Arbeit sei skandalös. „Offensichtlich wird versucht, eine der letzten kritischen Stimmen mundtot zu machen,“ so Barrie Kosky.
Ulrich Khuon: "Ich bin wirklich in großer Sorge"
Auch Ulrich Khuon, Präsident des Bühnenvereins und Intendant des Deutschen Theaters, äußerte sich zu der Verhaftung. Kirill Serebrennikow habe die Theaterwelt in den letzten Jahren mit Aufsehen erregenden, künstlerisch profilierten Inszenierungen bereichert. Ende Oktober sollte der Regisseur an der Staatsoper Stuttgart Humperdincks „Hänsel und Gretel“ herausbringen, für Mai 2018 ist eine szenische Version von Boccaccios „Decamerone“ am Deutschen Theater Berlin angekündigt. „Ich bin wirklich in großer Sorge angesichts dieses zutiefst schockierenden Vorgangs“, erklärte Khuon. „Wir sind alle mit den Gedanken bei ihm und werden die weitere Entwicklung mit kritischer Aufmerksamkeit verfolgen.“
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, fordert von Russland Transparenz im Fall Serebrennikow: „Wir erwarten die Details der Vorwürfe.“ Wenn es zu einem Verfahren komme, müsse es „objektiv und fair“ sein. Tsp (mit KNA und dpa)
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